Erste Wahl mit Frauen in vier JahrenSaudi-Arabien praktiziert eine der strengsten Geschlechtertrennungen in der muslimischen Welt. Ohne männliche Erlaubnis dürfen Frauen genau genommen gar nichts: nicht arbeiten, nicht zum Arzt gehen, nicht heiraten, nicht autofahren. Nun hat König Abdullah den Frauen das Wahlrecht in Aussicht gestellt.
Spektakulärer SchrittEs ist für saudi-arabische Maßstäbe ein spektakulärer Schritt: Zum ersten Mal, so eröffnet der 87-jährige Monarch, König Abdullah al-Saud, sollen Frauen im Einklang mit der Scharia politische Rechte erhalten.
Sie sollen bei den übernächsten Kommunalwahlen in vier Jahren die Erlaubnis bekommen, zu wählen und sich wählen zu lassen. Für die nächsten Kommunalwahlen, die schon am kommenden Donnerstag abgehalten werden, gilt ihr neues Recht noch nicht.
Kampagne für das AutofahrenDie Ankündigung kam überraschend, bestätigt Hatun al-Fasi, Historikerin und Kämpferin für das Frauenwahlrecht dem Sender Al-Jazeera.
An der "driving front" geht es um das Recht, Auto fahren zu dürfen. Nadschla al-Hariri, alleinerziehende Mutter, die sich teure Chauffeure nicht leisten kann, hat die Kampagne im Frühjahr losgetreten - ohne Erfolg. Gestern soll sie wegen ihrer Beharrlichkeit einmal mehr vorgeladen worden sein.
Frauen machen großen DruckIst es aber dennoch der arabische Frühling, der im ultrakonservativen Saudi-Arabien seine Wirkung zeigt?
"Der arabische Frühling wird einen Einfluss haben, genauso wie die neuen Medien. Aber es sind auch die saudi-arabischen Frauen, die großen Druck machen und seit vielen Monaten besser organisiert sind denn je", so Al-Fasi.
König aufseiten der Frauen?Prinzipiell sei das ein großer Schritt. Wir sind damit zum ersten Mal vollwertige Bürgerinnen, zumindest politisch, gesellschaftlich wird das noch dauern. Es sei gut, so die Frauenrechtlerin, in dieser Sache König Abdullah auf unserer Seite zu wissen.
Mächtige GeistlichkeitDer greise König gilt Frauenanliegen gegenüber als grundsätzlich wohlgesonnen - viel wohlgesonnener als die mächtige wahabitische Geistlichkeit, die strenge Moralhüterin in seinem Reich. Aber der Monarch hat in Fortschrittfragen nicht nur diese gegen sich, auch seine eigene Verwandtschaft, Halbbrüder und Prinzen leisten Widerstand gegen jede Öffnung. Und drittens die saudi-arabische Gesellschaft, die äußerst konservativ ist.
Schura-Rat: Nur beratende Funktion
Saudi-Arabien bleibt der gestrigen Neuigkeit zum Trotz eine absolutistische Monarchie. Der Schura-Rat, in den Frauen laut dem König künftig aufgenommen werden sollen, ist eine Art Parlament, aus 150 berufenen und nicht gewählten Mitgliedern. Er hat nur beratende Funktion.
Ab wann, von wem und vor allem wie zahlreich künftig Frauen in das Gremium berufen werden sollen, hat König Abdullah nicht verraten.
Kommunalwahlen seit 2005Auch die Kommunalwahlen dürfen nicht überschätzt werden. Es sind die einzigen Wahlen, die es in der reichen Ölmonarchie gibt. 2005 wurden sie eingeführt. Große politische Veränderungen haben sie nicht gebracht.
"Wie sollen wir wahlkämpfen, wenn wir nicht autofahren dürfen?", gibt eine Aktivistin zu bedenken. Und wie viele Männer werden ihren Frauen eine Teilnahme überhaupt erlauben? Nicht allzu viele, ist zu befürchten.
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