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Vorwort
Einer der unauslöschlichen Eindrücke, die ich von meiner Zeit mit Michael Jackson habe, ist die im Überfluss vorhandene kreative Energie, die er in jeden Augenblick seines Lebens eingebracht hat. Michael hat nie aufgehört Melodien und Beats aufzunehmen, eindrucksvolle Texte niederzuschreiben, Notizen zu schreiben und Pläne für Stiftungen, Freizeitparks, Geschäfte und jede andere Art von unternehmerischen Vorhaben zu erstellen. Er war auch ein produktiver Zeichner, erschuf Mini-Meisterwerke auf Papier, Servietten, Kissen oder auf alles, was er gerade vorfand. Diese grenzenlose Art der Kreativität ist das, was die erfolgreichste Karriere in der Geschichte der Popmusik antrieb.
Es war daher keine große Überraschung, dass es durchaus eine große Aufgabe für Michael war, Künstler und Musiker zu finden, die der Herausforderung der Zusammenarbeit mit ihm gewachsen waren und seine innovativen Visionen in die Realität umsetzen konnten. Dennis Tompkins und Michael Bush sind zwei solche Künstler. Ihr unvergleichliches Können und ihr Weitblick bildeten die Grundlage für eine persönliche und professionelle Beziehung mit Michael, die ihre 24-jährige Zusammenarbeit getragen hat.
Michaels Vorstellungskraft schuf Ideen, die neue Wege in der Welt der Mode gingen, Traditionen brachen und neue Trends setzten, die in der ganzen Welt kopiert wurden. Er verschob die Grenzen der konzeptionellen Mode, und Tompkins und Bush waren bei ihm auf der Suche nach neuen Materialien und dem Einsatz neuer Technologien, um jedes der Konzepte in die Realität umzusetzen. Gemeinsam erschufen sie einige der wundersamsten und denkwürdigsten Stücke der ausgefallensten Mode des Rockbusiness‘ im 20. Jahrhundert und viele von Michaels bekanntesten und kultigsten Jacken, Handschuhen und Accessoires, die er während einiger seiner historischen Performances trug.
Ich bin so erfreut ein Buch zu sehen, das nicht nur diese Arbeit zeigt, sondern auch die kreative Partnerschaft zwischen Michael Jackson, Dennis Tompkins und Michael Bush ehrt, die Männer hinter Michaels Look.
John Branca
Einführung Die Summe eines Menschen ist mehr als seine Maße
Michael Jacksons Image war ebenso ein Kunstwerk wie der Mann selbst. Durch seine Musik, seinen Tanz und seine Mode erschuf er ein Mysterium, das einzigartig für ihn war und das schlichtweg auf der ganzen Welt erkannt wurde. Michaels Anziehungskraft lag in seinem Wunsch subtile Botschaften durch die Manipulation seiner Stimme, seines Körpers und seiner Kleidung auszudrücken. Kostüme und Performances wurden zusammen zu Michael Jackson. Er war ein Visionär des Stils und er nutzte dieses Vorstellungsvermögen (zusammen mit all seinen anderen bemerkenswerten Talenten), um sich selbst vom Kinderstar in den King of Pop zu verwandeln. Dennis Tompkins und ich waren Mitglieder seines Kaders: einem Team von Kreativen, das er persönlich zusammenstellte, damit es ihm dabei behilflich war, seine Vorstellung von sich selbst in die physische Realität umzusetzen. Als seine ausschließlichen Designer für nahezu fünfundzwanzig Jahre waren wir Mitgestalter von Michaels Modestil. Durch einen einzigartigen kreativen Prozess lernten wir, uns von seinen Gedanken, Wünschen und seiner Philosophie, Kleidung zu erschaffen inspirieren zu lassen und die das symbolisierte, für das er stand. The King of Style ist die allererste bebilderte Zusammenstellung dieses Entwicklungsprozesses – ein visuelles Abenteuer unserer Zusammenarbeit.
Wir verglichen Michael Jackson mit einer Leinwand. Er genoss die Details, war immer neugierig auf den Prozess und flehte um Erfindungen – immer veranlasst etwas Neues zustande zu bringen. Er wollte, dass seine Kleidung, wie seine Musik und seine Dance Moves, ein verblüffender Selbstausdruck sein sollte. Unser Auftrag war es, ihm bei diesem Ausdruck zu assistieren.
Es war Michaels Wunsch für uns, solch ein Buch zusammenzustellen. Im Grunde genommen war es seine Idee. „Würdet ihr nicht gerne wissen, wie Der Zauberer von Oz gemacht wurde?" Michaels Augen leuchteten von Staunen erfüllt auf und wurden ganz groß, als er diese Frage stellte. Für ihn verstand es sich von selbst, die Gardine zur Seite zu ziehen und unsere Beteiligung an der Gestaltung des King of Pop zu enthüllen.
Hinter dieser Gardine allerdings war keine Fassade, sondern ein echter Mann mit einer tiefempfundenen Liebe und Wertschätzung für Kunst, jemand der die Träume, die er in anderen hervorrief, selbst verkörperte. Sein Gefühl für Stil spiegelte seine perfektionistischen Vorstellungen wider und durch das Verstehen der Mode – zusammen mit den persönlichen Geschichten, die dahinter stehen – offenbart sich eine völlig neue Seite von Michael Jackson.
In medias res – mitten hinein
Viele der großen epischen Geschichten wurden geschrieben, indem man in der Mitte der Geschichte begonnen hat, mithilfe des literarischen Begriffs, der bekannt ist als in medias res. Michael Jacksons Leben war nichts Geringeres als ein Epos, und um bei diesem Gedanken zu bleiben, beginnt The King of Style während der Dreharbeiten zu Bad, als Michael an der Spitze seiner Branche, aber trotzdem erst am Beginn seiner Solokarriere, stand. Bad war die erste Tour, die er ohne seine Brüder durchführte, und sie markierte den Punkt, an dem er Dennis und mich einlud, sich ihm bei seinem Streben der ultimative Solokünstler zu werden, anzuschließen.
So wie sich Michaels Image entwickelte, so tat es auch das unsere als Designer und Künstler. Michael liebte die Herausforderung und er brachte uns dahin, uns jeder Situation gewachsen zu zeigen. Er führte uns heraus aus unserer „Kuschelecke“ mit bizarren Anfragen, faszinierenden Rätseln und einem unerbittlichen Vertrauen in unsere Fähigkeiten; Michael ermunterte uns immer, unkonventionell zu denken und kopfüber in die einschüchterndsten Herausforderungen einzutauchen.
Manchmal bedeutete dies auch das Risiko, dass Michael das nicht mögen würde, was wir versuchten. Es gab zum Beispiel die Berlin-Jacke: eine schwarze, verschlusslose Jacke verziert mit Abzeichen von Autoclubs. Wir wurden dazu auf einer europäischen Autoshow inspiriert, während wir auf der Suche nach Ideen waren.
Als wir sie Michael präsentierten, fragte er: „Warum habt ihr das gemacht?“ Er weigerte sich sie anzuziehen. Unser Magen sprang uns bis ins die Kehle. Aber in dem Vertrauen, dass Dennis und ich einen Instinkt dafür hatten, probierte Michael sie an, und sie wurde schließlich eines seiner Lieblingsstücke. Diese Art von Zusammenspiel wurde die Grundlage für unser Leben mit Michael, die sich von einer oberflächlichen Beziehung zu einer Freundschaft auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und fester Überzeugung entwickelte.
Für uns war Michael ein Lehrer, der unser berufliches Leben auf eine Art veränderte, wie wir sie niemals erwartet hätten. Die Tiefe und Komplexität unserer Kreationen überraschte uns oft selbst – und das kam daher, weil Michael unsere Muse war. Seine Philosophie bestand darin, immer etwas Neues zu versuchen, um die Menschen dazu zu bringen, zweimal hinzusehen. Seine Philosophie wurde auch zu unserer. Er brachte uns bei, Abwechslung zu erwarten und jeden Tag nach Lachen und Humor Ausschau zu halten. Zusammen entwickelten wir uns darin weiter, das zu erschaffen, was er gern „tragbare Kunst“ nannte.
Obwohl man viele seiner Kleidungsstücke und Kostüme als skurril ansehen könnte, wählte Michael seine Garderobe nicht aus einer Laune heraus. Ihn einzukleiden bestand aus einem vielschichtigen Prozess darüber, eine Botschaft zu vermitteln, ein Gefühl hervorzurufen und einen Gedanken in demjenigen anzuregen, der seine Augen auf ihn richtete. Seine Kleidung war sowohl Reflektion, als auch Begleiter seiner Lyrics, seiner Musik, seiner Kurzfilme, Spezialeffekte und Touren; sie leistete einen Beitrag zu einem größeren Ganzen.
Nichts veranschaulicht diese Tatsache besser als die Geschichte der Lean Shoes, welche die größte Herausforderung darstellten, vor die Michael uns jemals gestellt hatte. In seinen Kurzfilm Smooth Criminal war ein Tanzelement choreografiert, das „the Lean Move“ genannt wurde und in dem Michael sich in einem Winkel von 45 Grad nach vorne lehnt. Michael wollte diese Bewegung live auf der Bühne zeigen und forderte uns, etwas zu entwerfen, das ihn befähigen würde, das tun zu können. Wir erfanden eine Vorrichtung, die innerhalb des Schuhs installiert wurde, der sich wiederum in einen Bolzen im Boden einhakte und Michael ermöglichte, den Lean Move live auszuführen. Er erhielt ein Patent dafür auf unser aller Namen. Durch dieses Projekt half uns Michael dabei von Künstlern zu wahren Erfindern heranzuwachsen.
Michael mochte es nicht, sich dem allgemeinen Stil anzupassen. Er nannte die Designer von massenproduzierter Bekleidung „Hersteller“ und sagte „Kleidung soll sich mir anpassen, nicht ich mich der Kleidung.“ Seine erste Regel war die Funktion. Wenn das Stück nicht seinem Zweck diente, dann trug er es nicht. Er forderte totale Bequemlichkeit und Passform, wofür die Wahl des Stoffes wesentlich war. Aus diesem Grund war sein Cordhemd ein Lieblingsstück. Aber Michaels Liebe für nicht einschränkende Kleidungsstücke bedeutet nicht, dass er kein Fan eng anliegender Kleidung war. Letztendlich trug er die Kleidung; die Kleidung trug nicht ihn.
Michael hatte den Körper eines Tänzers und alle Schnitte und Stoffe seiner Bühnenkleidung waren körperbetont. Er wollte, dass das Publikum ihn beobachtete, nicht die Kleidung. Die Art der Kleidung, die er bevorzugte, diente auch als Schutz davor, dass ein Fan ihn greifen konnte. Aus diesem Grund vermieden wir Halstücher, Fransen und ausgestellte Hosenbeine, eben alles, was ihn für greifende Hände erreichbar machte.
Das Tanzen spielte eine entscheidende Rolle bei seiner Garderobe und umgekehrt. Ihn und seine gesamte Mannschaft auf einer Tour anzukleiden gab uns einen großartigen Einblick in die komplizierte Balance von Song, Tanz und Garderobe. Zum Beispiel trug Michael bis zu dem Tag, an dem er starb, einzig und allein Florsheim Schuhe! Nicht, dass ich sagen würde, irgendetwas wäre falsch an schwarzen Loafers aus Leder, die in einem Kaufhaus gekauft wurden, aber man könnte sicher annehmen, dass ein Mann mit seiner Berühmtheit und solch einem Vermögen teurere Schuhe wählen würde. Nicht aber Michael. Er brachte sich als Junge das Tanzen in Florsheims bei. Sie waren bequem und sie waren das, was er als Kinderstar getragen hatte. Designer sandten ihm teure Designerschuhe, wie Gucci Loafer, aber Michael trug sie nicht, aus Angst, er könnte nicht in ihnen tanzen.
Andere wenig bekannte Dinge, die wir auf unserem Weg mit ihm erfuhren waren zum Beispiel, warum Michael niemals seine Schuhe putzte oder irgendetwas aus Wolle oder Pelz trug; Michaels Affinität für Strasssteine, Perlen und wunderschöne natürliche Gewebe; sein Bedürfnis für einen Blickpunkt in jeder Zusammenstellung; seine liebste Jacke aller Zeiten, ebenso wie die Sache, die er immer tragen wollte, wozu er aber nie die Gelegenheit hatte; seine Liebe für britische Monarchen, ägyptisches Gold, Michelangelo und Bazooka Kaugummi; und unser persönlicher Favorit: Michaels Persönlichkeit als Trickster und die Streiche, die er Dennis und mir so gern spielte.
Michael war ein Mann vieler Widersprüchlichkeiten, von denen wir die meisten in seiner Kleidung präsentieren konnten, die wir entwarfen: Steife militärische Schnitte, die aber trotzdem elastisch und beweglich waren; rebellische Insignien, die zu Armeekommandeuren passten, getragen über dem Herzen eines sanften Mannes; blendende Verzierungen als Schmuck für einen Mann, der mit einer stillen Bescheidenheit gesegnet war; einzigartige, handgearbeitete Kleidung getragen zu abgetragenen, verkratzten Florsheim Schuhen. Michael Jackson war der Inbegriff des rätselhaften Superstars und The King of Style zeichnet seine Reise durch die Mode, die er trug, nach.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Mo 17 Dez 2012 - 15:21
Kapitel 1
Thrilling A Style - Styling A Thriller
Michael Jacksons Lieblingskleidungsstück war eine milchweiße Jacke im Military-Style, verziert mit Perlen und aneinander gereihten, cremefarbene Glasperlen. In engen Reihen am Revers drapiert, sahen die Perlen aus, als stünden sie in Stellung, wie Soldaten einer Kaderschmiede, und trotzdem tanzten sie im Licht.
Zu der Zeit, als Dennis und ich dieses Stück erschufen, waren wir seit sieben Jahren Michaels Stylisten, Designer, Kostümschneider und persönliche Garderobiere. Auch wenn wir andere Anbieter in Anspruch nahmen, um die Stoffe und Materialien zusammenzustellen, die gebraucht wurden, um ihn einzukleiden, war das Design und die Produktion der Kleidung jedoch grundsätzlich nur die Aufgabe von zwei Personen, von Dennis und mir.
Es war im Jahr 1991 und Michael bereitete sich darauf vor, die 64. Academy Awards zu besuchen. Er rief mich an und sagte: "Bush, ich gehe mit Madonna zu den Acadamy Awards. Finde heraus, was sie tragen wird." "Michael, keine Frau wird je preisgeben, was sie zu der Oskarverleihung trägt, bis sie damit über den roten Teppich läuft. Es ist unmöglich, das herauszufinden.""Ich weiß, dass ihr das für mich herausfinden könnt." Klick. Dennis und ich schauten uns an, und begannen sofort damit, jeden anzurufen, der uns einen Hinweis geben könnte, was Madonna zur Oskarverleihung tragen könnte. Es war viel Spekulation, aber Michael glaubte nicht, dass etwas unmöglich wäre. Wir fanden heraus, dass Bob Mackie der Designer war, und Madonna eventuell ein weißes Kleid mit Perlen tragen würde. Nicht sehr viele Anhaltspunkte, aber besser als nichts. Dennis skizzierte zwei Jacken: eine traditionelle knopflose Anzugsjacke, die bis zur Hüfte ging und eine Jacke im Military-Style. Beide mit Perlen und Glasperlen verziert. Mit noch einer Woche Zeit bis zu dem sehnlichst erwarteten Entertainment Event des Jahres (überhaupt kein Zeitdruck), lief ich mit beiden Skizzen zu Michaels Aufnahmestudio, legte sie aufs Mischpult und er sah sie sich ruhig an und sagte: "Bush, kann ich sie alle beide haben?" Oh mein Gott. Wir haben eine Woche Zeit um nicht nur eine Jacke zu machen, sondern gleich zwei! "Natürlich, Michael." Das war ziemlich typisch. In der Regel kamen wir am Tag des Events selten nur mit einem einzigen Outfit zu Michael. Wir brachten ihm immer eine Auswahl von Ensembles, die man kombinieren konnte, denn es war besser für Michael zu entscheiden, was in dem Augenblick am besten funktionieren würde. Welches das richtige war, wurde impulsiv und nach Bauchgefühl entschieden. Vor der Oskarnacht brachte ich beide Kleidungsstücke zu ihm und legte sie auf Bett. Ich kam zeitig um ihn einzukleiden, wie es meine Aufgabe war. Dennis war der Künstler, der Handwerker und der Techniker der Kleidung, während ich für die Garderobe und die Kostüme auf der Tour verantwortlich war, für die Funktion und Passform seiner Kleidungsstücke und für die Verzierungen. Michael zeigte auf das traditionelle Abend-Jacket. "Diese ist heute für mich besser geeignet." Und dann streichelte er über die Militäry-Jacke, "Das wird meine Jacke für die Grammys sein, Bush. Heb sie dafür auf." Also trug Michael das Abend-Jacket zur Oskarverleihung, und zwei Jahre später, als er von seiner Schwester Janet während der Grammys 1993 einen Preis überreicht bekam, nahm Michael diesen liebenswürdig in seiner perlenverzierten Military-Jacke entgegen.
Was machte diese eine Jacke, von den hunderten Stücken, die wir für Michael in 25 Jahren erschaffen haben, zu seinem Lieblingsteil? Der Schnitt der Jacke war nicht außergewöhnlich. Es war seine klassische Military-Shiluette - hüftkurz, mit breiten Schultern, dekorativen Schulterklappen, welche die Augen zum Licht leiteten. Kurze Antwort: Opulenz. Michael war vernarrt in die Britische Heredität und Militärgeschichte. Eines der Lieblingszitate Michaels kam von einer unerwarteten Quelle: "It is with such baubles that men are led." "Mit solchem Flitterkram leitet man die Menschen."* Napoleon sagte diese Worte um die Signifikanz von Medaillen zu beschreiben, mit denen er seine Soldaten auszeichnete. Als wir durch Europa tourten, machte Michael es sich zur Angewohnheit, historische Schlösser und Städte zu besuchen, und war fasziniert von den Portraits von Königen und Königinnen in den Museen. Er starrte sie lange Zeit an, an den Wänden des Buckingham Palasts, im Tower von London oder im House Of Parliament, und saugte all das auf - den Glanz, den Glamour, die Medaillen und Auszeichnungen und die überlebensgroße Art, auf die diese Könige und Kommandeure portraitiert waren. Michael war von all dem fasziniert.
Für Michaels Kostüme studierten Dennis und ich Monarchien und europäische Militärgeschichte, und schenkten dabei einem der berüchtigtsten Könige, König Heinrich VIII von England, besondere Beachtung. Und da waren sie. Perlen. Auf des Königs Kleider aufgenäht, verblendeten sie seine Kragen, Westen und Brustlätze. Während dieser historischen Zeit, waren die Könige die Einzigen, die Perlen tragen konnten, denn sie waren die Einzigen, die sie sich leisten konnten. Perlen waren wahrlich der Elite vorbehalten. Und diese Opulenz war nicht auf Fäden aufgereiht und als Halskette benutzt. Königliche Perlen waren auf der Kleidung angebracht. Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie, dass Michael als König des Pop bekannt war. Aber es war so, dass Elizabeth Taylor diejenige war, die diesen Namen als erste öffentlich anwendete. Sie stellte ihn beim American Music Award im Jahr 1989 als "King Of Pop, Rock And Soul" vor, und die Presse sprang darauf an. Nach einiger Zeit kamen wir zu der Lösung, dass, wenn wir eine Krone, ein Wappen oder einen Engel an die richtige Stelle setzten, damit schon sehr viel getan war. Das war unser Augenfänger für ihn. Mit großen Augen und gewöhnlich aufgeregt über einen Deutschen Doppelköpfigen Löwen oder eine andere neue Medaille, die wir ausprobierten, flüsterte Michael: "Bush, woher weißt du?" Ich hätte gerne gesagt: "Hallo! Ich mache das jetzt schon ein paar Jahrelang". Aber ich antwortete normalerweise mit: "Wir wissen, was dir gefällt." Ich denke, das freute ihn. Es war einfacher, ihm das zu geben, was er mochte um damit in der für ihn angenehmen Zone für sein Gefühl für Mode und seinen Look zu bleiben. Ein oder zweimal sagte Michael: "Bush, ich muss etwas anderes ausprobieren, für diesen Kurzfilm, oder dieses Fotoshooting." Also versuchten wir, ihn anders zu bekleiden, wie mit seinem üblichen Look - als ob man Michael Jackson je neu erfinden könnte - nur um dann genau wieder zu seiner bevorzugten Shiluette zurück zu kommen. _____________________________________________________ *) Ich hab mal rausgesucht, in welchem Zusammenhang dieses Zitat von Napoleon steht: "Ich wette, … daß man mir keine alte und neue Republik nennen kann, die keine Auszeichnungen vergeben hat. Und das nennt man Spielzeug und Flitterkram! Sehr gut! Aber mit solchem Flitterkram leitet man die Menschen." Napoleon: http://www.dhm.de/magazine/orden/ueber_ehrenleg.htm
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Do 20 Dez 2012 - 21:13
Unerwartete Begebenheiten - Wie wir Michael trafen
Während jeder von uns die Augen schließen kann und sofort ein Bild von Michaels Militäry-Shiluette heraufbeschwören kann, gab es an seinem Look doch so vieles mehr. Wie kann es sein, dass ein Mann, der so bestrebt war, seine Kreativität ständig auszuweiten, gleichzeitig eine beständige Shiluette beibehalten kann und doch nie uninteressant aussieht? Wie konnte jeder ähnliche Schnitt doch jedesmal einmalig aussehen? Das zu erreichen war Teil von Michaels Magie.
Michaels Absicht war, durch seine Kleidung rebellisch zu wirken, gleichzeitig vermischt mit Autorität, durch die strengen Linien der Jacken. Einerseits verlangten die militärischen Schnitte Aufmerksamkeit und Respekt, aber es war auch Rock 'n' Roll. Wenn du ein traditionelles Kleidungsstück aus Gummi oder Plastik anfertigst, wird es rebellisch - ein subtiler Schlag ins Gesicht von dem, was von dir erwartet wird.
Die Tradition ist da, die Kunst ist da, aber ich rebelliere auf meine Art gegen das System.
Ich stelle mir vor, dass Michael so dachte. Ich glaube, dieser Ansatz, diese Rebellion unterstützte seine Fähigkeit mit seinen Fans besser zu kommunizieren und in Verbindung zu treten. Aber auch abgesehen von all der Kleidung, konnte man sowieso nicht umhin, sich mit Michael zu verbinden. Das ist genau das, was passierte, als ich ihn traf. Sofortige Verbindung.
Wir begannen 1985, während des Filmens von Captain EO mit unserer Zusammenarbeit mit Michael. Und wie bei allen großen Beziehungen begann unsere Verbindung mit Michael durch Zufall. Dennis und ich arbeiteten bei ABC Television. Ich machte verschiedene Jobs, so wie sie kamen, immer wie und wann ich gebraucht wurde. Wenn es Kostüme zu nähen gab, tat ich das; wenn ein Schauspieler oder eine Seifenoper einen Garderobier benötigte, kam Busch zum Einsatz. Dennis begann seine Karriere als Garderobier bei alten Hollywood Ikonen wie Milton Berle und George Burns und machte seinen Weg nach oben und wurde Schneider und Ausstatter bei ABC Television, bevor er von Disney für Captain EO angestellt wurde, zusammen mit dem Kostümdesigner John Napier. (Starlight Express und Cats)
Ich freute mich für Dennis, als er diesen Gig während der Sommerpause angeboten bekam, denn es konnte ein Karrieresprung in die Filmwelt bedeuten. Dennis sprang nicht gerade vor Freude herum, vor allem, weil es bedeutete, seinen 3-monatigen Urlaub zu opfern, aber ich machte ihm deutlich, dass ein Beitrag zu diesem Film, unter der Regie von Francis Ford Coppola und von George Lucas produziert, ihm Türen öffnen würde, die er sich jetzt noch garnicht vorstellen könne. Ich war derjenige, der von Stars beeindruckt war, und nach langem Zureden unterschrieb Dennis schließlich, diese Abteilung zu leiten und stellte mich als einer seiner 15 Näher ein. Als wir in dem Atelier den Sommer über mit den Kostümen der Tänzer beschäftigt waren, hatten wir keine Ahnung davon, wer der Star des Films war. Am letzten Tag dieses Jobs durften wir eine Tour durch das Set machen.
"Das ist der Aufzug mit dem Michael Jackson zum Set gebracht wird," sagte einer der Angestellten zu uns. DER Michael Jackson? Ich war geplättet. Das war gerade nach der Victory Tour, dem Handchuh, dem Moonwalk. 1985 war nichts und niemand größer als Michael Jackson. Ich war sicher Fan, aber die Vorstellung, dass wir gerade Kostüme für einen Film, in dem Michael Jackson mitspielte machten, lies mir einen Schauer über den Rücken laufen.
Geradenoch, vor ein paar Jahren war ich nur ein Junge aus Appalachia, der von seiner Mutter das Nähen gelernt hatte und den sein Zickzackweg bis nach Hollywood geführt hatte. Ich hatte keine Übung oder Erfahrungen mit der Filmindustrie, aber was ich sicher besaß war die Kraft zu Überreden, und man, ich war so froh, diese bei Dennis eingesetzt zu haben.
Zusätzlich zu seinen Aufgaben am Set von EO wurde Dennis auch gefragt, Michael Jackson anzukleiden, und ihn für die Filmaufnahmen vorzubereiten, aber Dennis lehnte ab. Er war letztlich doch nur Schneider und Ausstatter, und es genügte ihm, sich auf diese Verantwortung zu konzentrieren. "Fragt Michael Bush," schlug Dennis einem der Verantwortlichen vor. Und das taten sie. "Vielleicht mag ich ihn garnicht," sagte ich im Studio frei heraus. "Aber ich versuche es einfach."
In der Modewelt Hollywoods gibt es eine Art Hierarchie: Designer schicken ihre Zeichnungen zu Schneidern, die einen Schnitt auf Papier übertragen und den Stoff zuschneiden und an Schneiderpuppen anpassen. Die Schneider schicken die Garderobenteile dann zu Nähern, die dann das vollendete Stück zu jemand in der "Garderobe" geben, dessen Aufgabe es ist, das Kleidungsstück an einen Ständer im Ankleideraum zu hängen, bis es ein "Ankleider" bekommt. Der "Ankleider" nimmt das Kleidungsstück von dem Ständer und zieht es dem Performer an.
Ich war im gleichen Alter wie Michael Jackson gerade 27 Jahre alt, und erst seit zweieinhalb Jahren in diesem Geschäft, aber eines wusste ich: Ein Mann von Michael Jacksons Format, der nicht einen eigenen Ankleider hatte, war wie eine rote Fahne. Aber was war das Problem? Dann musste halt einer her.
Am nächsten Tag stellte ich Michaels Kleidung zusammen, und brachte sie zu seinem Trailer am EO-Set. Ich wartete eine Stunde am Weg mit seinem Kostüm über meinen Arm gehängt. Als ich eintreten durfte, war es darin stockduster und höllisch heiß. Michael war ganz hinten im Trailer, wo das Bett war. Ich konnte Michaels Schimpanse Bubbles am Bett herumspringen hören. Eine kleine Tischlampe wurde eingeschaltet und wegen dem gedämpften Licht, konnte ich nur Schatten ausmachen. Und dann: "Ich bin hier hinten." Ich ging in Richtung Bett und der Schimpanse griff nach meinem Bein. Okay, dachte ich, vielleicht ist das der Grund dafür, dass Michael Jackson keinen eigenen Ankleider hat. "Sind sie bereit für mich?" fragte Michael, "ich mag nicht angezogen werden, bis ich nicht weiß, dass sie wirklich für mich bereit sind." "Ja, sie haben mich hergeschickt, damit ich dir beim ankleiden helfe." "Das bedeutet garnichts. Bitte überprüfe das doch noch einmal, und versichere dich, dass sie wirklich für mich bereit sind." Wieder draußen versuchten meine blinden Augen sich auf das Morgenlicht einzustellen. Mit der Versicherung, dass "sie" wirklich für ihn bereit waren, ging ich wieder zurück in den Trailer, um Michael anzukleiden.
Als ich wieder auf dem Weg in den hinteren Teil des Trailers war, traf mich eine Kirsche mit Stil im Gesicht. Ich konnte nicht erkennen, wo sie herkam, aber ich hörte ein Kichern. Ich mag diesen Schimpansen nicht, entschied ich, weil ich annahm, das Bubbles dort gezielt hatte. Genau da traf mich eine weitere Kirsche an der Schulter. Und Michael lachte los. Ich stand jetzt genau vor ihm, und er sah mich an, wie ein Zwölfjähriger, der gerade seine größte Mutprobe bestand. Er warf eine dritte Kirsche auf mich und lachte über meinen überraschten Gesichtsausdruck. Oh, er will spielen, dann spielen wir. Ich hob eine der Kirschen vom Boden auf, und warf sie zurück auf ihn. Michaels Mund öffnete sich aber dann flackerten seine Augen verschmitzt als er die Schüssel mit den Kirschen langsam über seinen Kopf hob...und den Rest der Kirschen über mich kippte. Von da an mochten wir uns. Wenn du keinen Spaß verstanden hast oder mochtest, wollte Michael dich nicht um sich herum haben. Er teste meinen Sinn für Humor aus, und ich bestand.
Während der Aufnahmen für Captain EO gab es öfter Ausfälle mit Michaels Outfits, so wie es oft im Schowgeschäft vorkommt. Das Tanzkostüm war aus Leder, und das Futter war nicht dehnfähig, was bedeutete, dass es sich nicht an den Stellen dehnte, wo Michael es brauchte um für den Tanz und die Choreografie förderlich zu sein. Jede Nacht nahm ich das Kostüm mit nach Hause, reparierte es und brachte es zurück, und beobachtete, wie Michal es den restlichen Tag trug. Er tanzte seine Nummer, und das Kostüm ging wieder kaputt, ich nahm es wieder mit, und reparierte es. "Michael, ich verbringe mehr Zeit damit, dieses Teil zu flicken, wie ich brauche um dir ein ganz Neues zu machen, von dem ich weiß, dass es funktionieren würde." Aber das war zu dieser Zeit nicht meine Aufgabe, und Michael erinnerte mich liebenswürdig daran und lehnte mein Angebot ab, bis ich ihn mit einem Versprechen überzeugte: "Ich kann dir eine Hose nähen, die nie kaputt gehen wird." Das tat ich dann. Nachdem er einen Tag darin gefilmt und getanzt hatte fragte Michael mich: "Bush, woher weißt du...?" Passen und Funktionieren. Daher wusste ich es. Ich hatte das große Glück, am Set sitzen zu können und Michael beim performen zu beobachten. Ich beobachtete genau, wie er seinen Körper bewegte, und erkannte, was die Kleidung für ihn tun musste. Für mich begann das Ankleiden von Michael Jackson mit aktiven Diagnosen, um herauszufinden, warum er mit der Bekleidung kämpfte um dann Kleidung zu entwickeln, die für seinen Tanzstil funktionierte. Michaels Kleidung musste für sein Tun nebensächlich sein. Wenn ich nicht verstehen würde, wie er tanzt, könnte ich auch nicht Kleidung entwickeln, die bestens passt und hervorragend funktioniert.
Als nächstes kleidete ich Michael für seinen Kurzfilm "Smooth Criminal" ein. Auch da gab es wieder Kostüme, die kaputt gingen. "Bush, du musst mir ein paar Hosen machen, die ich tragen kann. Welche, die funktionieren." So passierte es. Ich war einfach zur rechten Zeit am rechten Ort. Wir machten für ihn die erste Hose, die sich an den richtigen Stellen dehnte - ein paar schwarze Levis 501, die wir auftrennten und wieder zusammen nähten, nachdem wir Spandex Einlagen in die Säume integriert hatten, womit die faszinierende Interpretation des Streetdance, erfunden von Michael Jackson, vorgeführt werden konnte. Danach war es ein Fulltime-Job. Telefonanrufe vom Studio kamen regelmäßig: "In einer Woche muss Michael hier- oder dorthin. Wir brauchen dich." Am Set zu sein, und seine Proben und Performances zu beobachten, ließ mich Michaels Körper und die Art, wie er ihn bewegte, verstehen. Ich entwickelte mich vom Ankleider zum Designer. Als sie mich dann 1987 fragten, mit Michael auf Tour zu gehen, und die Garderobe seines damaligen Designers Bill Whitten zu leiten, dachte ich, ich wäre im Himmel. Als ein Junge, der in Ohio geboren und aufgewachsen war, war ich noch niemals außerhalb des Landes. Ich hatte noch nicht einmal einen Pass. Dennis, meinen Freunden und meiner Familie erzählen zu können, dass ich nach Japan gehen würde, um Michael Jackson bei seiner ersten Solotour - die Bad Tour - zu assistieren - ließ mich fühlen, als hätte ich es geschafft. Wenn du nach Hollywood ziehst, lässt du viele Leute zurück, die nur darauf warten, dass du versagst und kleinlaut wieder heim kommst. Aber ich nicht. Ich zog um die ganze Welt und wieder zurück. Normalerweise werden die Kostüme gemacht, bevor der Entertainer sie sieht. Es ist frustrierend für mich zu sehen, wenn ein Performer seine Kunst zeigen will und dabei gleichzeitig versuchen muss zu sehen, dass seine Kleidung funktioniert. In dieser frühen Zeit sah ich, dass Michaels Konzentration auf seinen Gesang und Tanz behindert wurde, und dachte mir, so sollte es einfach nicht sein. Es war nicht seine Aufgabe, sich über seine Kleidung Gedanken zu machen. Er sollte keine Kämpfe mit Dingen auszutragen haben, die nicht funktionierten. Aber Passform und Funktion waren nicht das Einzige, was wir über das Bekleiden von Michael Jackson lernten. Die Teile mussten auch einmalig sein. Unser Studium im Designen und Kostümschneidern für Michael entwickelte sich auf verschiedenen Ebenen. Form und Funktion. Ja. Aber nicht das "zum ersten Mal" vergessen. Und das schien offensichtlich nicht zu bedeuten, der Erste zu sein, der Socken über der Hose trug, oder Armbänder aus Papierschnipseln. Michaels Kreativität überstieg alles, wovon ich und Dennis dachten, es könnte realisiert werden. Ich denke, Michael spürte das. Und auf seine eigene, fantastische Art, trainierte er uns darin, anders zu denken, er änderte die Art, wie wir unsere Umgebung sahen, und er half uns zu erkennen, was es wirklich bedeutet, bis an die Grenzen zu gehen. Wir wussten, dass Michael es nicht mochte, wenn wir etwas zwar sahen, aber nicht bemerkten. Michael machte deutlich, dass seine Kleidung auch Verrücktheiten beinhalten sollte, die die Aufmerksamkeit seiner Fans forderten "Seht ihr hin? Habt ihr es bemerkt?
maja5809
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Thema: Re: The King of Style So 23 Dez 2012 - 13:33
Der Rätselsteller
Wie jeder wirklich inspirierende Lehrer, der auf seine Schüler einwirken möchte, waren Michaels Methoden, unseren kreativen Prozess zu formen, unauffällig. Eine seiner genialsten Methoden war es, kryptische Fragen zu stellen, und uns damit auf die aussichtslose Unternehmung zu schicken, das Rätsel zu lösen. Wir wussten, er dachte es sei lustig, uns zu verwirren. Und irgendwie war dieses Gedanken verwirrende Spiel eine der besten Methoden, von Michael zu lernen. Nur wussten wir das zu der Zeit noch nicht.Eines Abends ging ich ans Telefon. "Da gibt es etwas, was jeder Mensch auf der Welt kennt. Was ist es?" Klick. Oh, großartig! Über was zum Teufel spricht er? 24 Stunden nach dem ersten Anruf klingelte unser Telefon wieder. "Also, was ist euch eingefallen?" fragte Michael. "Hmm, Mickey Mouse?, antwortete ich. Ist das wohl die richtige Antwort? "Bush, das ist eine sehr gute Antwort, aber die gehört uns nicht." "Oh." "Denk nochmal scharf nach. Es gibt etwas, was jeder Mensch auf der Welt erkennt. Was ist das?" "Was denkst du denn, Michael?" "Bush, ich habe dich gefragt." Klick.
Als ob Dennis und ich noch viel Appetit haben könnten, nach den Anrufen des "Rätselstellers" zu den unmöglichsten Zeiten in der Nacht, rafften wir uns in dieser Woche trotzdem auf und gingen zum Abendessen. Ich weiß auch nicht, warum es so schnell ging, aber in dem Augenblick, wo ich auf meinen Platz am Tisch sah, waren sie da: Gabel, Messer Löffel. Diese Dinge hat sicherlich jeder Mensch auf der Welt schon gesehen. Und das sagte ich Michael, als ich ihn in dieser Nacht zurückrief. "Großartig, Bush. Jetzt macht ihr daraus für mich eine Jacke." Klick. Die Frage, die ich Dennis sofort stellte war: "Wie?"
Ich hatte schon gelernt, dass es keinen Zweck hatte Michael Jackson nach dem 'Warum' zu fragen. Es gab kein 'Warum'. Es war einfach diese geniale Art zu Denken, die man nicht erklären konnte, und deshalb war es besser, einfach zu akzeptieren, als sich dagegen zu wehren. Wir gingen oft auf Flohmärkten und anderen Plätzen einkaufen, und wir waren wie gebannt, denn wir sahen Michael, wie er sich dort umsah, mit seinen Augen überall, und wir hofften, dass zu erkennen, was auch er sah. Oft kamen wir zurück ins Auto, und Michael stieß aus: "Oh Bush, hast du DAS gesehen?" "Verdammt, nein, hab' ich verpasst." "Oh, dann musst du noch einmal zurück gehen", sagte er, öffnete mir die Autotür und schob mich raus. Michael trainierte uns, in seinem Kopf zu sitzen, seine Art zu denken instinktiv zu kennen. Der Versuch, uns selbst beizubringen, was Michael beeinflusste, was er wahrnahm, war wie eine Einladung zu der Erkenntnis, was in ihm vorging. Dieses Lernen ging vonstatten, in dem wir Michaels Reaktionen auf die Kleidung beobachteten, die wir für ihn machten. Wir mussten seine Wünsche im Voraus erkennen und mussten außerhalb der Box denken, aber das letzte Kriterium, um Michaels Kleidung zu erschaffen wurde uns erst klar, nachdem wir beobachten konnten, was ihn daran begeisterte, sie zu tragen.
Als Michael in das Dinner-Jacket schlüpfte, war er gefesselt von den klirrenden Metallutensilien, denn das Besteck fing das Licht ein und klang wie Schlüssel, an einem Schlüsselring. Die Jacke bot optisch und akustisch einen Entertainment Faktor. Sie war ganz für sich selbst ein Special Effect. Dass Michael selbst diesen Effekt beeinflussen konnte, machte das Tragen der Jacke zu einem noch größeren Spaß.
Lilly
Anzahl der Beiträge : 87 Anmeldedatum : 07.11.12
Thema: Re: The King of Style Mi 2 Jan 2013 - 20:49
Kapitel Zwei Das Mysterium Michael
Wie seine Musik war das Ankleiden Michael Jacksons eine Übung in verschiedenen Schichten, mit einem bestimmten Zweck, aber trotzdem ganz frei. Im Hintergrund seiner Songs sampelte Michael – einzigartige und unverbundene Elemente, die, wenn sie kombiniert wurden, einfach zusammenpassten. Das kontrollierte Chaos war Teil von Michaels geheimnisvollem Nimbus.
Michaels Musik nachzueifern bedeutete, facettenreich in unseren Designs zu sein. Wir mussten ausgewogen sein unter Beibehaltung des Ablaufs: Geschmückt, aber nicht ungeschickt. Wir hatten nicht nur Abzeichen, wir hatten Schnallen, Reißverschlüsse, Nieten und Kristallsteine. Michael versah sich nicht mit Accessoires, er gestaltete sich. „Das was nicht tragbar ist, werde ich dabei haben“, war einer seiner Sprüche. Und genauso wie bei seiner Musik verlangte er von uns, seine Garderobe bis an den Rand zu bringen, der uns als etwas wie ein Reim verpackt als Rätsel präsentiert wurde: Woher weißt du wo oder wann du aufhören musst, bevor du ein Teil kaputt machst? „Du kannst nicht aufhören bis du genug hast“, stimmt’s? (You can’t stop till you get enough“, right?) Michael war ein Meister der Balance bei seiner Musik, und wir hatten das auch in Bezug auf seine Kleidung zu lernen.
Das Zusammenwirken von Michaels Musik und seinem Stil war Teil seines Genies. Er hatte ein persönliches Interesse an Kleidung aus den 60er Jahren, als die Jackson 5 den Circuit bearbeiteten und versuchten, den großen Durchbruch zu erlangen. Ich erfuhr das durch eine ganz gewöhnliche Unterhaltung, die außerordentlich aufschlussreich war.
Michael und ich fuhren eines Tages in den 1990ern zusammen ins Studio und er fummelte an dem Stoff einer seiner Jacken herum und untersuchte dabei die glänzenden beschichteten Kristallsteine, die den Ärmel bedeckten. „Bush“, sagte er, „wie schaffst du es, nicht deine Finger zu verletzen, wenn du die kleinen Zacken hinter den Steinen zurückbiegst? Wie kannst du das so oft machen ohne zu bluten?“
Er meinte die Zacken auf der Rückseite dessen, was als „Fassung“ bekannt ist und die einen Stein an seinem Platz hält, so dass er sicher auf dem Gewebe befestigt ist. Ich war irgendwie verwirrt durch die Frage. Warum kümmerte er sich darum?
„Ich habe ein Gerät.“
Nun, du hättest denken können, dass ich ihm gerade erzählt hätte, wo Bigfoot lebte. „Hast du?“
Nimmt er mich schon wieder auf den Arm? fragte ich mich. Er kann unmöglich glauben, dass ich jeden Zacken der Hunderte von Kristallsteinen mit der Hand in seine Kleidung drücke … oder doch?
„Ich möchte so ein Gerät haben,“ sagte er wie ein kleines Kind, das gerade seine Schwester mit einer großen Eiswaffel gesehen hatte und nun auch unbedingt eine haben wollte. „Als wir ganz am Anfang standen“, erklärte Michael, „mussten wir unsere Showkleidung selbst machen. Meine Mutter, meine Brüder und Schwestern und ich, wir waren diejenigen, die sie anfertigten. Ich erinnere mich daran, wie ich diese Steine einen nach dem anderen in meine Kleidungsstücke gedrückt habe, und wie meine Fingerspitzen dann immer bluteten. Diese Zacken waren scharf. Das tat weh, Bush.“
„Michael, du hättest einen Fingerhut nehmen können.“ „So etwas hatten wir nicht.“
Es war zu jener Zeit, als mir bewusst wurde, dass Michael dem, was Dennis und ich machten wirkliche Wertschätzung entgegenbrachte, denn er hatte selbst die Erfahrung gemacht, was es bedeutete.
Glitzer und der Handschuh
Als die Limo uns 1990 zu einer Preisverleihung im Shrine Auditorium nach Downtown Los Angeles fuhr, übergab Michael mir den ersten von ihm selbst gemachten Handschuh, den er je getragen hat und erzählte mir, dies wäre sein Geschenk für mich. „Sieh mal Bush, wenn ich meine eigene Kleidung herstellen kann, vielleicht bedeutet das, dass du für mich singen kannst.“ Sein erwartungsvolles Lächeln und sein sanftes Kichern sagten mir, dass er nicht seine üblichen Streiche mit mir spielte, aber es war trotzdem ausgeschlossen, dass ich Karaoke spielen würde, während wir in dem Auto saßen. Als ich diesen bescheidenen Handschuh hielt, konnte ich nicht anders, als nostalgische Gefühle für einen jungen Michael Jackson zu entwickeln, der in dem kleinen Haus in Indiana sitzt und Kristallsteine in einen Kellnerhandschuh für die rechte Hand zu drücken. Er war klein und dünn, amateurhaft, so gar nicht wie der Mann.
Der Typ des Mikrophons, die Choreographie oder die Stimmung gaben oftmals vor, welche Hand der Handschuh während des Vortrags von Billie Jean bedeckte. Aber ganz egal, wie die Umstände waren, Michael trug niemals zwei von ihnen, etwas das in den späten 60ern oder frühen 70ern anfing, als er zeigte, was er wirklich draufhatte.
Es überraschte Michael, wie die Welt stoppte wegen dieses Handschuhs nach dem Auftritt mit Billie Jean beim Motown 25 Anniversary Special. Er sagte, das verdanke er alles der Magie der Fernsehausstrahlung. „Ich habe diesen Handschuh seit Jahren getragen, und nun haben sie ihn endlich bemerkt?“ Der weiße Golfhandschuh aus Leder glitzerte aufgrund von 1619 Kristallsteinen und war von einem Assistenten der Familie Jackson gemacht worden. Mit jeder Wiederholung dieses Clips wurde der Handschuh mehr zu einem Synonym für Michael Jacksons Billie Jean.
Es gab mehrere Variationen des Billie Jean Handschuhs, einschließlich einem roten Golfhandschuh aus Leder, gemacht in den 70ern, bevor Bill Whitten den Job übernahm und 1984 für die Victory Tour den Handschuh statt aus Leder aus Spandex anfertigte. Als ich 1987 bei der Bad Tour zu Michaels Lager in Japan stieß, trug Michael den Handschuh an jeder Hand abwechselnd. Am dritten Abend des ersten Leg allerdings scheuerte Michaels Mikrophon, das er in der rechten Hand hielt, gegen die Kristallsteine, die auf die Innenseite des Handschuhs genäht waren. Michael konnte das Rauschen auf der Aufnahme hören, als er es sich nochmals anhörte und es machte ihn wütend. Als Perfektionist verlangte Michael, dass das Problem sofort gelöst wurde und beauftragte mich herauszufinden wie. Ich entfernte die Kristallsteine von der Innenseite des Handschuhs und wir entschieden zusammen, dass der Handschuh besser wirkte, wenn Michael ihn an der Hand trug, mit der er das Mikrophon hielt – der rechten Hand. Ab da änderte er es nie wieder.
Ein Kleidungsgegensatz
Während Michael die Schneiderkunst bewunderte und eine natürliche Affinität zu Stil hatte, war er der Meinung, dass seine Kleidung einem, wirklich nur einem einzigen Zweck diente: der geschickten Darstellung seiner Person. Aber für ihn verdiente seine Aufmachung selbst bei einem Spaziergang auf dem Hollywood Boulevard an irgendeinem gewöhnlichen Sonntag besondere Aufmerksamkeit, es gab also nicht viele Tage, die nicht irgendeine Art von Darstellung beinhalteten.
Als Mann, der sich mit Schärpen und mit Sterlingsilber beschlagenen Stiefeln und Weltmeistergürteln zeigte, bevorzugte er alle Bequemlichkeit, die Loungewear bieten konnte. Es ist einfach ein weiterer Gegensatz beim Einkleiden von Michael Jackson. Seine Bühnenkleidung war passgenau, hauteng und auffällig; seine private Kleidung ausgebeult und oftmals nachlässig. Wenn du Michael sagtest, er könne irgendwo zwanglos gekleidet hingehen, dann war er erleichtert.
Solche kleinen Dinge freuten ihn. Manchmal im Studio bezeichnete Michael es als „Casual Day“. Jeder, der vorbeikam zu Meetings oder Aufnahmen oder was auch immer sollte sich keine Gedanken machen über Kleidung, mit der er beeindrucken konnte. An jenen Tagen jauchzte Michael vor Freude und Aufregung, so dass du denken konntest, Walt Disney hätte ihn gerade zum Dinner eingeladen.
Die Leute dachten, Michael würde ständig mit seinem berühmten bestickten Handschuh herumlaufen, aber der wurde nur getragen, wenn er moonwalkte. Kaum hatte er einen Auftritt oder die Teilnahme an etwas beendet, da fing er auch schon gleich an, die einzelnen Teile fallen zu lassen, mit mir im Schlepptau, der das aufsammelte, was über seine Schulter nach hinten segelte. Er hatte kein Interesse daran, seine Showklamotten über ihren einzigen Zweck hinaus zu tragen.
Mehr als alles andere hasste er Anproben. Er betrachtete sie als eine riesige Zeitverschwendung. Er sparte sich diese Minuten und Stunden des Tages lieber für wichtige Dinge auf, wie Musik zu machen, seinen Tanz zu perfektionieren und The Simpsons anzusehen. „Warum soll ich das anprobieren?“ debattierte und fuchtelte er herum. „Wenn du weißt, was du tust, dann sollte es auch passen.“ Er war nicht wirklich glücklich damit, wenn Leute ständig an ihm herum zupften, zogen oder seine Nähte, Säume und Kragen glattstrichen.
Die „Michael-Uniform“ war alles, was er trug, wenn er nicht auftrat: Cordhemd, vorzugsweise in Rot; schwarze Baumwollhosen mit Bundfalten, manchmal mit einem Aufschlag, und seine Loafer. Wenn du ihn nach dem Grund fragtest, dann sagte er: „Bush, wenn ich fünfzig rote Cordhemden in meinem Schrank habe, muss ich nicht darüber nachdenken, was ich anziehen soll. Was für eine Verschwendung von Energie und Zeit.“
Wenn man das Praktische mal bei Seite lässt, dann war Michaels Liebe zum Spiel einfach allgegenwärtig. „Wenn ich nur eine einzige Auswahlmöglichkeit in meinem Kleiderschrank habe“, sagte er mir, „dann weißt du nicht, ob ich dies schon die letzten drei Tage anhatte. Ist es sauber? Ist es schmutzig? Du weißt es nicht …“ Er liebte es, die Leute im Unklaren zu lassen, denn es bedeutete, dass sie ihm Aufmerksamkeit schenkten.
Aufbau einer Marke
Wir hatten den Passform- und Funktionsaspekt von Michaels Kleidung gut im Griff, aber wie konnten wir Michael dabei helfen ein Markengesicht zu kreieren, ohne dass man ihn in eine Schublade einordnen konnte? Wenn du anfängst, Bühnenkleidung für jemanden zu entwerfen, beginnst du damit ihn zu fragen: „Was ist deine bevorzugte Zeitperiode? Die 1920er? Renaissance? Moderne? Die Siebziger? Sechziger? Die Antworten liefern dir eine grundlegende Silhouette, die den Ausgangspunkt bildet. Mit Michael durch europäische Städte zu reisen, die Tatsache, dass er loshastet, um das nächste Schloss zu finden oder ein Museum mit militärischen und englischen, königlichen Ausstellungsstücken beantwortete schon abertausend Fragen darüber, was er gern tragen wollte.
Zumindest wenn es um Kostüme und Bühnenkleidung ging, war dieser so geheimnisumwobene Mann für Dennis und mich gar nicht so geheimnisvoll. Er bevorzugte Materialien wie Chinaseide und Silk Charmeuse (feines Seidengewebe). Wenn sich ein Stoff dehnen ließ, umso besser. Durch Spandex fühlte sich Michael geschmeidig und sicher, und es war seinem Tanzstil dienlich. Normalerweise vermieden wir Muster, um nicht zu viel Aufmerksamkeit auf seine Hauterkrankung – Vitiligo, einen Hautzustand, der die Depigmentierung von Teilen der Haut hervorruft - zu lenken. Wir saßen bis zum Hals in satten Schmuckfarben wie Rubinrot, Saphirblau und Smaragdgrün. Jedes Teil musste einen britischen Einfluss haben. Unser Ausgangspunkt war immer eine glänzende Ritterrüstung. Aber der Schlüssel dazu, einen Look immer wieder neu wirken zu lassen, ist die Kenntnis der Ausweichmöglichkeit des Künstlers. Wenn es kein Ritter und kein Monarch ist, was bevorzugst du als nächstes? Für Michael waren es Piraten.
Michael liebte Dinge, die glitzerten, und in seiner Vorstellung schien nichts strahlender als eine Kiste gerade ausgegrabener Schätze. Genau aus diesem Grund war seine Lieblingsfigur Tinker Bell, die mit der Bewegung ihres Zauberstabs eine Spur von Glitzerstaub vorbei schicken konnte, der mitten in der Luft hängen bleiben konnte.
„Bush, wir müssen etwas Staub werfen“, sagte Michael häufig und meinte damit ein neues Stück Kleidung, von dem ich dachte, es sei fertig. Bei anderen Gelegenheiten (und davon gab es viele), rief Michael mich an. „Bush, wo bist du? Ich brauche dich, damit du mir etwas Staub bringst.“
Was bedeutete, dass er Kristallsteine sehen wollte.
Manchmal fuhr ich drei Stunden, um lose Kristallsteine direkt aus der Fabrik zu erstehen, nur weil Michael sich am bloßen Anblick der Steine in ihrer unbearbeiteten Form ohne Ende erfreute. Jedes Mal, wenn ich diesen weißen Filzstoffbeutel öffnete, der die Kristallsteine enthielt, rang er nach Luft. Die Präsentation überraschte ihn buchstäblich. Dann nahm er sie von mir und bewegte sie vorsichtig mit seinen Fingerspitzen und flüsterte: „Bush, sieh mal. Sieh mal, wie sie glänzen. Sieh doch nur!“ Er war wie ein von Ehrfurcht ergriffenes Kind, und ich konnte nicht anders als festzustellen, dass, während ich mein Leben lang mit Kristallsteinen gearbeitet hatte, sie doch niemals so wertgeschätzt habe wie er in diesem Moment. Immer noch flüsternd fuhr er fort: „Kannst du dir vorstellen ein Pirat zu sein, der eine Schatzkiste öffnet? Und all diesen Glitzer darin zu sehen? Was für ein faszinierendes Leben, so ein Pirat zu sein.“
Für Michael wurde das Schleudern von Staub niemals fade. Die Wertschätzung von Details und der Dinge im Leben, die so oft als selbstverständlich betrachtet wurden, war ein Teil seiner Magie. Er besaß Magie, weil er wirklich an sie glaubte – an Feenstaub und das alles.
Michael Kleidung war eine weiße Leinwand, die um „Icing“ (Zuckerguss) bettelte – dem Prozess, dem Ganzen dekorative Besonderheiten hinzuzufügen. Michaels Liebe für Verzierungen, die den visuellen Sinn der Menschen beschäftigte, gab uns die Freiheit für den Part des Icing-Prozesses alles, was möglich war, auszuprobieren. Das Icing von Michaels Kleidung, besonders seiner Jacken, wurde der uns am meisten herausfordernde Teil unserer Arbeit genauso wie der Eckpfeiler für unsere Entwicklungsarbeit und Weiterentwicklung von Michaels Stil, alles innerhalb der Rahmenbedingungen seiner deutlich erkennbaren Silhouette. Wenn man in Betracht zieht, was bereits alles gemacht wurde und was dagegen noch niemals gemacht wurde und dann das Bedürfnis des Zusammenwirkens und die Ausgewogenheit zwischen diesen verschiedenen Elementen hinzufügt, dann war man am Kern der Herausforderung angelangt.
Michael, der Marketingfachmann
Dennis und ich bildeten uns ständig weiter in dem, was Michael beeinflusste, was er bemerkenswert fand, einfach wie er tickte. Wir gingen in Zeitschriftenläden und gaben Tausende von Dollars aus, indem wir alles kauften, was in jener Woche oder jenem Monat herausgekommen war und brachten es zu Michael in seine Westwood Wohnung am Wilshire Corridor. Nur Leute aus Michaels engstem Kreis wussten, wo er war, und die Angestellten, die in dem Gebäude arbeiteten, mussten Vertraulichkeitsdokumente unterzeichnen, aus denen hervorging, dass sie niemandem über Michaels Wohnsitz erzählten.
Während wir mit Michael auf dem mit Plüschteppich ausgelegten Fussboden saßen, blätterten wir Seite für Seite durch, und wenn etwas unsere Aufmerksamkeit gefangen nahm, dann sollten wir laut Michael ein „x“ in die Ecke des Fotos setzen, um die Stelle zu markieren.
„Warum hast du dort angehalten?“ fragte er dann. Es konnte eine Autowerbung sein, eine Lippenstiftfarbe, alles Mögliche. Dies war Michaels Vorgehen bei unserer Ausbildung – teilweise die sokratische Methode, teilweise interaktiv. Die Kunst Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen erweiterte unser Verständnis für das, was Michael antrieb. Er erklärte uns seine Sichtweise auf die Versuche der Medien, das Publikum zu beeinflussen und wie sie es machten, wenn etwas uns innehalten und genau hinschauen ließ, was bedeutete, dass es funktionierte. Und selten war es Kleidung, die unsere Aufmerksamkeit fesselte. Welche Farbe brachte uns dazu zu stoppen? Das menschliche Auge weitet sich, wenn es die Farbe Rot sieht, was der Grund dafür ist, dass Michaels Lieblingsfarbe Rot war. Welche Strukturen, welche Umrisse sprachen uns in den Werbeanzeigen an? Das Bemerken wichtiger Marketingtechniken floss in unseren Designprozess mit ein und half uns, über den Tellerrand hinaus zu schauen.
Bei Michael Jackson drehte sich alles um die Mode von der Straße (Street Fashion). Er wollte Schneiderkunst tragen, aber trotzdem sollte seine Kleidung Kanten haben – um rebellisch zu sein. Das Schlimmste, was du nach Michaels Empfinden machen konntest, war, deine Krawatte auf dein Einstecktuch abzustimmen. Das bedeutete, du hattest keine Individualität oder künstlerische Fähigkeit, nur weil irgendein Designer oder der Herausgeber eines Magazins dir erzählt hat, was du tragen sollst oder nicht. Wir waren in Alarmbereitschaft gegenüber dem, was „trendy“ war – denn das war es, was wir laut Michael vermeiden sollten. „Ich möchte, dass sie mich kopieren“, sagte er dann, während er durch die Seiten der Magazine blätterte. Und er war sehr überzeugt davon. „Ich muss mich von der Masse absetzen.“
Wir mussten wissen, was genau jetzt passierte, so konnten wir uns darin üben voraus zu denken. Wir kauften viel auf Flohmärkten, alles nur nach Ansicht, denn du konntest nicht wissen, wie es zu einem Stoff passte, bis du es damit ausprobiert hast. Michaels Lektionen forcierten Dennis und mich als Künstler, denn wir sahen uns etwas an und dachten: Wofür werde ich dieses verwenden? Wofür würde jemand anderes dieses verwenden? Werden die Leute es in Frage stellen? Es bemerken? Sich daran erinnern?
Michael dachte nicht, dass es cool wäre, Anregungen aus Modemagazinen zu übernehmen. Er glaubte, dass die Herausgeber all diese Entscheidungen darüber trafen, was die Welt tragen sollte, und er konnte dem Gedanken nichts abgewinnen. Die Leute der Modewelt versuchten ständig ihn einzukleiden und Michael sagte dann: „Ich will keine wandelnde Plakatwand für einen Konzern sein.“
Michael nahm seine Individualität äußerst ernst. „Packt eure Kamera ein. Ihr werdet für mich nach London gehen,“ sagte er mir 1990 eines Tages am Telefon. Es war auf der Höhe von Michaels Erfolg nach dem Bad Album. Da es für ihn nicht möglich war zu lange in die Öffentlichkeit zu gehen ohne eine Menschenmenge anzuziehen, wollte Michael, dass wir seine Augen und Ohren sein sollten, um herauszufinden, was alle jenseits dessen, was die Medien bewarben, trugen. Er dachte, dass wenn ein Look in einem Magazin gedruckt wurde, er schon wieder out war. „Ihr müsst das Kommende finden.“ In seiner Vorstellung war Europa den Staaten in Hinsicht Kunst, Kultur und Mode voraus, und so wählte er London als Ausgangspunkt für unsere Stil-Renaissance.
Während Michael in LA blieb, verbrachten Dennis und ich eine Woche durch die Straßen von London wandernd, sprachen mit Leuten in Gin-durchtränkten Pubs und Punkrock Clubs und rauchgeschwängerten Restaurants. Wir besuchten weniger konservative Orte, um Touristen und Restaurantketten zu vermeiden, wo die Allgemeinheit sich zur Happy Hour traf und von zwei Bier betrunken wurde. Was wir suchten, war die Londoner Untergrundszene, die Plätze der Rebellen, an denen der Selbstausdruck gegenüber dem „Eindruck schinden“ überwog. „Was ist gerade in Mode?“ fragten wir Frauen und Männer aller Altersgruppen, aller Gestalten und Größen. „Wir warten darauf zu sehen, was aus Hollywood kommt“, war die Standardantwort.
Aus LA rief Michael in unserem Hotelzimmer an, begierig etwas Wertvolles zu erfahren. „Also, was habt ihr herausgefunden?“ „Wir wären besser in unserem eigenen Garten spazieren gegangen,“ erklärte ich ihm, desillusioniert. „Oh, nun, dann habt doch einfach trotzdem Spaß und genießt den Rest eurer Reise. Wenn ihr zurück seid, werden wir sehen, was es auf der Melrose (Avenue) gibt.“
Es war nicht das einzige Mal, dass Michael falsch lag, aber wenigstens war er ein guter Verlierer. Dies erinnert mich an die allererste Jacke, die wir für Michael 1988 anfertigen sollten, für die er uns nach flachen Metallschildern fragte, die an den Vorderseiten der Jacke von oben nach unten angebracht werden und in verschiedene Richtungen ineinander gehakt werden sollten sowie natürlich Polizeiabzeichen.
„Es wird nicht funktionieren“, sagte Dennis. „Warum nicht?“ Michael glaubte nicht an „nicht können“ oder „es wird nicht“. „Weil jede Stelle am Körper gerundet ist“, erklärte Dennis. „Da sind keine geraden Linien. Die menschliche Form besteht aus zusammengesetzten Rundungen, und wenn du ein hartes Stück Metall hast, das nicht auf vier verschiedene Arten geformt ist, wird es hervorstehen. Harte Schilder biegen sich nicht mit dem Körper.“
Es war eine berechtigte Begründung, aber Michael wollte damit nichts zu tun haben. Dennis fertigte die Jacke irgendwie an und wir brachten sie zur Anprobe zum Studio. Er sah in den Spiegel, während wir beide hinter ihm standen. „Ihr hattet Recht“, war alles, was Michael sagte, und er zog die Jacke wieder aus und gab sie uns zurück.
Danach wurde unsere Beziehung mit Michael niemals in Frage gestellt. Er konnte uns einfach anrufen und sagen „Ich möchte eine Jacke.“ Und dann fertigten wir sie an. Wir verdienten uns sein Vertrauen und bewiesen unsere Glaubwürdigkeit. Michael wusste, was er wollte, aber er wusste nicht, wie er dahin kommen konnte. Dabei kam es auf uns an. Manche Leute mochten die Ergebnisse und manche hassten sie. Ich glaube, Michael war mehr an den Leuten interessiert, die das hassten, was er trug. Denn sie beachteten es. Sie schenkten ihm Aufmerksamkeit.
Von 1990 an beschäftigte uns Michael so sehr, dass wir all unsere anderen Kunden verloren. Viele unserer Freunde und Kollegen rieten uns, einen Vertrag mit Michael zu schließen, um auch rechtlich gesehen seine Designer zu werden, aber das hätte unsere Beziehung herausgefordert, und wenn wir daraus ein fragwürdiges Thema gemacht hätten, wäre unsere gesamte künstlerische Symbiose zum Fenster hinaus geflogen.
Die 7 Grundmuster von Michael Jackson
Nachdem wir die Silhouette festgelegt hatten – militärische und britische Erbstücke – wurde Michaels Ausstattung mehr eine Sache des Icings als des Designs oder Zuschnitts. Von ein paar Ausnahmen abgesehen kann ich sicher behaupten, dass wir während unserer fünfundzwanzigjährigen Zusammenarbeit mit Michael dieselben sieben Grundmuster als Basis für all seine Kleidungsstücke anwandten: die legere Hose (Billie Jean Kellerfalten / 1940er Stil), die Levi’s 501 Dance Pant, die kurze Military-Jacke geschnitten bis zu Michaels Hüfte, eine Blazer-/Anzugjacke, eine Kastenjacke (Beat It, Thriller, Billie Jean), ein Show-Hemd à la Dirty Diana und Come Together und ein sportliches Hemd (aus rotem Cord). Im Grunde nahm Dennis 1985 bei Michael Maß und dann schnitten wir Muster aus Papier aus, die uns als Vorlagen dienten. Wir haben ihn danach niemals mehr vermessen und machten auch keine Anproben mit ihm, vor allem weil er Anproben hasste, was uns allen viel Zeit sparte. Wenn wir nicht diese Beständigkeit von Michaels Silhouette und seiner Maße gehabt hätten, dann wären wir niemals fähig gewesen, all diese Kleidungsstücke so schnell herzustellen, wie wir es gemacht haben.
Normalerweise hatten wir bei der Bekleidungsherstellung für Michael weniger als eine Frist von vier Wochen. Meistens begann Michael seinen Auftrag mit der Einleitung „Zeit ist nicht gerade unser Freund, Bush, aber ich brauche …“
Wenn wir aus der Tür gingen, die Uhr tickte bereits, kam Michael nochmal hinter uns her und flüsterte: „Ich weiß, ihr werdet das schaffen – für mich.“
Hier war der produktivste, erfolgreichste Künstler der Welt, und er glaubte, dass ich etwas tun konnte. Michael besaß diese Art, genau zu wissen, wie er Leute dazu bringen konnte für ihn zu arbeiten und den Job zu erledigen, besonders jene Jobs, die unmöglich schienen. Er war ein Meister darin, die richtigen Leute für das anzuheuern, das er erledigt haben wollte, wahrscheinlich weil er die verblüffende Fähigkeit besaß, das höchstmögliche Potential in anderen zu erahnen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Dennis und ich standen meistens rund um die Uhr bereit, weil wir wussten, dass es sein könnte, an Michael liefern zu müssen und unser Glaube an diese Fähigkeit gründete in Michaels Vertrauen in uns.
Wenn jemand zu Michael „nein“ sagte, dann distanzierte er sich einfach von dieser Person, aber „nein“ gab es nicht in Dennis‘ und meinem Vokabular, wenn es darum ging, Michael Jackson anzukleiden.
Thema: Re: The King of Style Sa 5 Jan 2013 - 20:26
Eine Socke nähen
Michael liebte seine weißen Socken aus drei Gründen:
1. Keiner trug weiße Socken und schwarze Schuhe und Hosen, es sei denn, der Mensch war in den 1940er Jahren kleben geblieben;
2. Seine Socken hatten „staub“ eingewebt;
3. Sie lenkten das Spottlight auf das, was er mit seinen Füssen tat
1988, bei den Vorbereitungen auf die Grammys in der Radio City Music Hall In New York, reagierte Michael sehr enttäuscht auf das Ansehen seines Videos von den Proben. Warum? Weil seine schwarzen Tanzschuhe völlig in dem schwarzen Boden untergingen, auf dem er tanzen sollte. Seine weißen Socken waren die Lösung: Zieh‘ ein paar weiße Socken an, und sie fangen das Licht ein. Michael wusste, dass das menschliche Auge immer vom Licht angezogen wird, das war auch einer der Gründe, warum er Strass Steine und Pailletten so liebte. Sie fingen das Licht ein, und veränderten es und das faszinierte ihn. Wenn er sicherstellen könnte, dass sein Publikum seine Füße sehen würde, dann würden sie auch die Magie seiner Schritte sehen. Auf der Tour ging Michael sogar soweit, dass er eine Bühne mit grauem Boden bauen ließ, um jedes Risiko auszuschließen, dass sich Schuhe und Boden vermischten.
Aber weiße Socken allein reichten nicht. Michaels mussten ganz besonders sein. Seine gerippten Socken mussten funktional sein und Spaß machen. Sie mussten ganz für sich allein unterhaltsam sein. Die original Strass-Socken, die er zu seiner Moonwalk Premiere beim Motown 25 Anniversary Special trug, waren bis hinunter in die Schuhe verziert. Bevor wir begannen, für Michael zu arbeiten, kam er von der Bühne und blutete. Wir mussten ihm ein neues Paar machen, verziert vom Knöchel aufwärts, und was sich nicht verdrehte oder aufgrund des Gewichts, in die Schuhe hineinrutschte. Und es mussten Strass-Steine sein, anstatt Pailletten, denn Strass hat einen Facettenschliff und bricht das Licht am besten.
Normalerweise hatten wir pro Socke 18 – 24 Reihen (je 114 Steine in einer Reihe) und sie mussten einander berühren. Solide. Die meisten Leute verteilen die Strass-Steine einfach, einer hier und einer da, an vielen Stellen, um den Eindruck zu erwecken, dass alles bedeckt ist. Nicht Michael. Es war eine Sache der Perfektion. Wenn jemand etwas auf eine bestimmte Art tat, machte er es anders. Wir trafen uns mit Michael, um Skizzen anzusehen, während er im Studio aufnahm, und er legte Pennies in einer Reihe aus, sodass sie sich berührten. „Siehst du Bush, sie müssen sich berühren. Festzusammen.“ Und er hatte Recht. Letztlich produzierten wir das ultimative Paar Billie Jean Socken, was etwa 2,5 Pfund wog und tausende Dollar kostete, um sie zu verzieren. Nach jeder Show mussten die Socken ausgebessert werden und wir musste den verlorengegangenen Feenstaub wieder ersetzen, den Michael über ein Meer von Fans versprenkelt hatte.
Die Menschen dazu zu bringen, auf seine Füße zu sehen, wurde ein magischer Akt für sich selbst. Licht ist ein Freund der Illusion, er führt das Publikum zu etwas hin, oder von etwas weg, immer so, wie der Illusionist es braucht. Je größer die Gruppen waren, vor denen Michael auftrat, desto mehr sorgte er sich darum, dass sie auch in der Lage wären, seine Füße zu beobachten. Könnte auch noch derjenige, der im Stadion in der letzten Reihe saß, sehen, was Michael mit seinen Füssen tat? Wofür sind weiße Socken gut, wenn man diese auch nicht sieht? Wie konnte Michael das Licht am besten für sich nutzen, um zu zeigen, was er konnte? Und wenn du einen atemberaubenden Move wie den Moonwalk in der Hinterhand hast, wie bereitest du die Premiere dafür vor? Zieh einfach deine Hose nach oben.
Wir benutzten normale weiße Socken aus dem Laden, die wir hinten aufschnitten, dass man sie flach auseinander legen konnte. Entlang der Rippen der Socken wurden mit Aurora Borealis* versehene Strass-Steine mit vier Stichen von Hand in jeder Ecke angenäht, damit sie sicher saßen, nachdem alle Rippen so verziert waren, wurden die Socken auf links gedreht, und wieder zusammengenäht. Der letzte Schritt war, die Socke richtig herumzudrehen und am oberen Rand ein Stück Gummiband einzuziehen, das es über Michaels Knöcheln hielt, und verhinderte, dass die Socken aufgrund ihres Gewichts nach unten rutschten.
*Aurora Borealis ist eine bestimmte Beschichtung auf der Rückseite der Steine, wodurch die Steine irisierend funkeln.
Zuletzt von maja5809 am Sa 5 Jan 2013 - 20:30 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Sa 5 Jan 2013 - 20:28
Von Hochwasserhosen und Levis 501 – magische Hosen Erinnernd an einen eleganten Gentleman aus den 1940ern, wurden Michaels Hut und zu kurze Hosen zu einem Symbol des Performers, als auch - nachdem er 1983 den Moonwalk losgelassen hatte, - zu einer Verkörperung von Billie Jean. Michaels Klugheit lag in der Erkenntnis, dass auch bei einem großen Bild die kleinen Details am wichtigsten waren. Der Moonwalk war großartig, aber er wäre nicht ehrfurchtgebietend gewesen, wenn Michaels Hosensaum seine Schuhe verdeckt hätte. Aber da hörten die Details noch nicht auf. Die Billie Jean Fedora ebnete den Weg für viele weitere Hüte, inklusive dem ikonischen weißen Hut von Smooth Criminal. Hüte waren funktional und hatten den Spaß-Faktor: Sie machten Michael einige Zentimeter größer, waren ein fantastisches Tanz Accessoire und vervollständigten den eleganten Look den er trug, wenn er nicht im Military-Stil gekleidet war. Als die Publikumsmengen Michaels größer wurden, wurden seine Hosensäume kürzer. Als wir zu Michaels Designern wurden, fütterten wir die Taschen seiner Billie Jean Hosen – der klassischen Baumwollhose mit Bundfalten – mit zusätzlichem Stoff in den Taschen. Wenn er tanzte, steckte Michael seine Hände in die Taschen und zog von innen an dem Stoff um seine Hosenbeine nach oben zu ziehen, um das Auge des Publikums dorthin u lenken, wo es hinsehen sollte – natürlich auf seine ausgefeilte Fußarbeit. Indem wir zusätzliches Material dort einnähten, wo normalerweise nichts war, halfen wir Michael dabei die Fähigkeit zu haben, dass seine Kleidung sich bewegte, ohne dass das Publikum sah, dass er sie berührte. Seine Kleidung konnte sich bewegen, springen, agieren und performen…ohne einen Schalter zu berühren. Eine weitere Illusion erschufen wir hinsichtlich Michaels Körpergröße. Er war 1,78 groß, aber wir ließen ihn durch die Linienführung größer erscheinen. Die längste Linie an einem Körper geht von der Hüfte bis zum Boden, und das Bein macht den größten Teil der Höhe aus. Um also Michaels Beine noch länger aussehen zu lassen, brachten wir einen schmalen Streifen Von der Taille hinunter bis zum Saum an. Das funktionierte wunderbar, weil er das Licht einfing, wenn Michaels Shiluette im Profil über die Bühne lief oder tanzte. Auch der Einsatz der China Seide hing mit dem Erschaffen von Magie zusammen. Es passierte während dem Dreh des Kurzfilms von Dirty Diana. Michael sollte für diesen Kurzfilm eine schwarze Lederjacke tragen. Er zog sie an, und hielt inne. „Einen Moment bitte“, sagte er, “ich habe am Boden einen Ventilator, der mich heftig anbläst. Diese Jacke ist nicht das Richtige für solchen Wind. Die Jacke sollte hochfliegen, um richtig viel Bewegung zu zeigen.“ Als er tanzte, sah ich ihn mit dieser Jacke kämpfen. Der Wind in seinem Gesicht schien den Sinn zu verlieren. Die Jacke bewegte sich nicht mit ihm. Während einer Pause gingen wir zurück zu Michaels Trailer und er sagte zu mir: „Bush, dein Hemd winkt mir zu.“ Mehr brauchte er nicht zu sagen. Ich zog das weiße, von Dennis für mich handgefertigte Hemd aus, und Michael zog es an. Er sah erfreut und erleichtert aus, als er sich in dem Ganzkörperspiegel betrachtete. Während der nächsten Aufnahme lies Michael die Bodenventilatoren ihre Arbeit tun, während die französische Voile ihr Eigenleben hatte. Mit dramatischer Energie tanzte sie hinter Michaels Körper und wurde zu einer Verlängerung davon; der Stoff schuf die Illusion, dass Michaels körperliche Präsenz viel mehr Raum einnahm, als sie es wirklich tat. So kam es, dass das original Hemd, das Michael im Dirty Diana Video trug buchstäblich „mein letztes Hemd“ war. Das Hemd wurde zum Symbol für dieses Lied, was bedeutete, dass wir den Look auf der Tour fortführen mussten. Französische Voile ist ein empfindliches und transparentes Material, was nicht sehr Tour-geeignet sein würde, weshalb ich ein stabileres Materialfinden musste, mit der gleichen Optik. China Seide wurde zur besten Alternative, denn sie ist so fließend wie französische Voile, aber lässt sich besser waschen und verpacken.
Anstatt mit einem Zauberstab zu schwenken, benutzte Michael seine Hände und Füße. Leidenschaftlich tanzend benutzte er sie wie Requisiten, dehnte seinen normale 120 Pfund-Figur mit dramatischen Bewegungen aus, und förderte damit die Illusion, dass er überlebensgroß sei. Wenn du ihm beim Tanzen zusahst, war es eine sichere Wette, dass deine Augen zu einer oder zwei Stellen geführt würden: zu seinen Händen, die das Licht um ihn herum einfingen, oder zu seinen Füßen. Unser Job als seine Designer war es, ihm dabei zu assistieren diese Magie geschehen zu lassen, in dem wir auf Dinge achteten, die für ihn wichtig waren, sowie das Einfangen von Licht oder der Erschaffung der Illusion, eines größeren Körpers. Anstatt einem Zauberstab schwenkten wir also mit Nadel und Faden – und manchmal auch mit einer Säge oder einem Schneidbrenner, wenn das Kostüm danach verlangte. Zum Teil konnte Michael sich auf diese Art bewegen, weil seine Kleidung ihm dabei sehr entgegen kam. Seine Schulterpolster schlugen ihm nicht beim Tanzen ins Gesicht, und seine Jeans verdrehten sich nicht um seine Knie. Wenn man alles zusammen zählt, halfen diese kleinen Details Michael dabei, eine fehlerfreie und natürliche Performance zu erreichen. Seine Moves waren seine ganz eigene Art von Magie, aber sicherzustellen, dass seine Kleidung dabei mithalten konnte, war essentiell. Ein anderes Basic-Kleidungsstück Michaels war eine schwarze Levis 501. Indem er sie trug, schien er sich seinen Fans anzupassen – er dachte, dass die Fans sagen: „Ich trage auch Levis“, um dann aber über einen hohen Kick von ihm zu staunen und sich zu wundern „warum kann meine denn so etwas nicht?“ Nur wenige kannten das Geheimnis, für das Michael Tausende ausgegeben hatte, damit Dennis und ich seine 501 besonders ausrüsteten.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Mi 9 Jan 2013 - 18:55
Um eine Fingerlänge größer werden Michael zeigte immer [mit dem Finger]. Er hatte so lange Finger, dass wir sie „ET-Finger“ nannten. Er gebrauchte sie, wenn er vor dem Spiegel tanzte (wie es bei Tänzern üblich ist), auf einem transportablen Boden, den er immer mit auf Reisen hatte, und er studierte, wie er am größten wirkte – klassisch schön und schlank. Die Hälfte von Michaels Tanzschritten fanden durch seine Händen statt. Weil der Handschuh nicht zum Look von Smooth Criminal passte, musste Michael ein anderes Mittel erfinden, um die Augen des Publikums entlang der Linie zu navigieren, die er mit den Händen formte - ausgehend von seinem Kopf und sich über seinen Körper fortsetzend, wenn er tanzte. Anfang 1987, als er Smooth Criminal drehte, entschieden wir weißes Klebeband um seine Finger zu kleben, um das Licht dorthin zu lenken. Michael gefiel diese Idee, und während wir es vor allem funktionell sahen, gab Michael noch etwas Spaß hinzu. Wie Mickey bei Rocky, umwickelte ich seine Finger. Als ich mit dem vierten Finger begann, stoppte Michael mich: „Das reicht. Sonst wird es zu gewöhnlich.“ Es wurde nur der Zeigefinger, der Ringfinger und der kleine Finger mit Tape beklebt. Das war seltsam, verrückt. Michael liebte es, wenn die Menschen sich fragten „Warum?“ und „Warum diese drei Finger?“ Wenn Michael tanzte, berührte er unbewusst mit seinem Daumen den nicht beklebten Mittelfinger und die Welt fragte sich. „Warum tut er das? Ist das ein Zeichen? Was bedeutet das?“ Michael mochte, dass seine Fans dazu neigten zu fragen, aufmerksam waren und nach der Bedeutung in den Dingen suchten, die er tat. Wenn sie sich über das Fingertape wunderten, wollte er sie nicht mit einer banalen Erklärung enttäuschen, dass es besser für die Lichtführung ist, oder ihn größer erscheinen lässt. Was wir aber über die Jahre beim Bekleiden von Michael bemerkt haben ist, dass wenn du ein Modedetail nicht direkt ansprichst, die Leute einen Grund – irgendeinen Grund – finden, um es zu erklären. So wurde es zu einer modernen Legende, dass Michael an seinen Nägeln kaute, und das Tape dazu da war, ihn von dieser angeblichen Gewohnheit abzuhalten. Michael liebte die Vorstellung, dass er Leute dazu brachte, zu fragen, aufmerksam zu sein und nach Bedeutungen zu suchen.
Michael größer und breiter zu machen war ein großer Teil des magischen Akts – die Illusion, seine physische Präsenz sei noch stattlicher und großartiger. Um das zu erreichen, nutzten wir feste Linien aus festem Material. Nehmen wir die Jacke. Die Linien der Jacke verliefen immer über seine Brust, um ihn breiter wirken zu lassen. Auf jeder Seite gab es ein Schulterpolster, um ihn noch mehr auszudehnen. Dann war da noch die Art, wie er beim Tanzen seine Arme einsetzte, die den Blick lenkten. Nimm jetzt noch einen Handschuh oder ein Tape dazu, was das Licht einfängt – und einen Hut – und augenblicklich wuchs Michael. Du würdest nie denken, dass er 1,78m groß ist. Die Jacken gingen immer bis zur Hüfte, um dort mit den figurbetonten Hosen abzuschließen, die so eng waren wie Leggings, auch wenn es Levis 501 waren. Unter der eindrucksvollen Stärke einer überverzierten Militäry-Jacke war ein weiteres Michael-Paradoxum verborgen: ein weißes T-Shirt, immer in der Mitte des Halsausschnitts eingerissen. Es war die Botschaft von Rebellion unter der Jacke, die die Botschaft von Kontrolle ausdrückte. Mit der Schere an das T-Shirt zugehen begünstigte den Street -Look, den Michael immer erreichen wollte. Es war nur ein kleines Detail, welches aber in der extravaganten magischen Gesamtheit eine große Rolle spielte. Die Botschaft sollte sein: “Das ist der ganz alltägliche Teil von mir.”
Die Größe des Risses war abhängig von Michaels Tagesstimmung. Er nahm selbst die Schere zur Hand und schnitt. An manchen Tagen war es ein kleiner Schnitt, an anderen riss er es bis ganz unten auf. “Die Mädchen möchten bisschen von der Torte sehen,” ("girls wanna see some cake") sagte er dazu. “Torte” war sein Nickname für Brust. An manchen Tagen übertrieb er es so und sagte zu mir: “Ich brauche ein neues T-Shirt, das hier ist zu zerrissen.” Als ich für seine Kleidung sorgte, brachte ich immer 6 – 8 Nordstrom T-Shirts mit, weil ich nie vorhersehen konnte, wie der Riss sich entwickeln würde. Ich kaufte sie in Packungen zu 20 $. Sie waren am besten geeignet, denn sie waren dicker, tailliert und passten ordentlich eingesteckt, wie eine Bodysuit aus Spandex, um seine Taille zu betonen wenn er tanzte. Den gleichen rebellischen Widerspruch erreichte Michael dadurch, dass er seine Kleidung beschmutzte. Als er es zum ersten Mal tat, traute ich meinen Augen nicht. Er stand in seinem Ankleidezimmer, verrieb etwas Make up in den Händen, sah mich herausfordernd an und wischte es an seinen Schultern ab. Du kannst nicht dreckig sein. Du bist Michael Jackson. Genau so war es. Als Designer und verantwortlich für die Kleidung, ist das der ultimative Horror, aber Michael fuhr damit fort, seine Kleidung in Unordnung zu bringen und ich gewöhnte mich daran. 1993 trug Michael, für ein Fotoshooting für das Life Magazine auf seiner Ranch, eine pinkfarbene und eine gelbe Socke. Die Welt lief Sturm. „Wer zieht diesen Mann an?“ „Ja, das bin dann wohl ich“, versuchte ich mich eher herauszuwinden, anstatt darauf stolz zu sein. Und Michael gefiel es, dass ich mich wand. Er dachte, es sei lächerlich.
Während die Fans sich mit einem Typ verbunden sahen, weil er beschmutzte und zerrissene Kleidung hatte, liebte Michael die ganze nonverbale Kommunikation, die vor sich ging: „Wer achtet darauf, was ich trage? Warum müssen meine Socken passend sein? Wer hat überhaupt gesagt, dass sie passen müssen?“ Worauf die Fans reagierten mit: „Vielleicht ist er einer von uns, aber nein, er ist ja Michael Jackson…aber er ist auch schmutzig, so wie ich, und hat zerrissene Kleidung…aber er ist nicht wie ich, seine Levis sind perfekt…ihm folgt immer das Licht…aber guck dir die Schuhe an…er ist doch so, wie ich.“ Dieses gedankliche Spiel mit Widersprüchen verstärkte die Illusion noch weiter. Es funktionierte wie Magie. Und wenn die Magie erst einmal wirkte, verselbständigte es sich.
Lilly
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Thema: Re: The King of Style Mi 23 Jan 2013 - 16:58
Kapitel Vier Die Magie entfachen
„Wenn du eine meiner Jacken nimmst und sie in einen Raum mit fünfzig anderen Jacken hängst, woran würdest du erkennen, dass es meine ist?“ Dieses Mal hatte Michael nicht angerufen, um mir das Rätsel des Tages zu stellen. Es war ein Wochentag im Jahr 1988, und er stellte Dennis und mir diese einfache, jedoch tiefgreifende Frage, über die wir in unserer Werkstatt, die wir unter unserem Zuhause eingerichtet hatten, staunten. Es war selten, dass wir Michael hier hatten, denn wir trafen ihn normalerweise dort, wo immer er gerade war – auf der Ranch, im Studio, auf einem Filmset, auf Tour. Aber ich denke, Michael mochte es, sich ab und zu einmal anzusehen, wo unser Beitrag zu seiner Magie entstand: in einem bescheidenen 60 x 40 großen Raum (ohne Massangabe), gefliest und gepflastert im toskanischen Stil.
Ich nenne den Raum eine „organisierte Unordnung“ – ein Geflecht von Textilien und Werkzeugen. Neun Industrie-Näh-/und-Steppmaschinen, zwei Nietenmaschinen, ein Hochdruckbügeleisen und ein Rahmen für Perlenstickerei zum Aufbringen von Kristallsteinen umstellten den Raum. Dank der Doppelglastüren bekamen wir nützliches, natürliches Licht, installierten aber auch Leuchtstofflampen mit Tageslicht, denn wir arbeiten normalerweise rund um die Uhr, um Michaels Kleidungsstücke fertigzustellen. Angrenzend an Dennis‘ Zeichentisch befindet sich ein gewerblicher Zuschneidetisch, etwa zwölf ft. (3,65 m) lang. Mit ein wenig Vorstellungskraft konntest du dich, während du in unserem kreativen Raum standest, in die Werkstatt hinein katapultieren, in der Geppetto Pinocchio erschaffen hat. Und ich denke, das behagte Michael paradoxerweise.
Dennis und ich dachten über Michaels Bedenken nach, dass seine Kleidungsstücke nicht authentisch genug seien. Jeder andere, der mit Essgeschirr an seiner Jacke herumgelaufen wäre, hätte angenommen, dass die Leute ihn erkennen würden. Mittlerweile waren wir in Michaels Kopf angekommen, obwohl uns bewusst war, dass Michael sich ständig weiter entwickelte. Nichts blieb gleich für lange Zeit. Wir brauchten immer etwas Unübersehbares, das wir hinzufügen konnten und die Leute gleichzeitig fragen ließ: „Warum?“ Also ergänzten wir eine Armbinde.
Wir machten deinen Look
Zweieinhalb Inches breit und achtzehn Inches lang, die Farbe der Armbinde änderte sich ständig. Die Welt blieb stehen, um zu sehen, welche Farbe die Armbinde hatte und aus welchem Material sie war. Es gab sogar eine Zeit, als Nancy Grace, die damalige Kommentatorin auf HLN, in den Nachrichten zur Hauptsendezeit versuchte herauszufinden, was sie zu bedeuten hatte. Michael spielte wieder P.T. Barnum, manipulierte die Presse und foppte seine Fans mit noch mehr „Was hat es zu bedeuten?“ und „Warum hat er es geändert?“ Es sah zu bedeutend aus, als dass es nichts bedeuten könnte. Ungeachtet dessen, was es bedeuten könnte, begann die Armbinde die Lösung dafür zu sein, dass man sich sicher sein konnte, Michael nur durch einen kurzen Blick auf seinen Ärmel zu erkennen.
Die Erfindung der Armbinde entstand aus reiner Improvisation. Michaels Rätsel zwangen uns, ohne nachzudenken ständig etwas zu erfinden. Er brachte uns bei, nichts zu überdenken, sondern es einfach zu tun. Er zapfte die grenzenlose „spielerische“ Seite unserer Gedanken an.
Sogar seine beste Freundin Elizabeth Taylor wusste dies über ihn, liebte Michael sehr deswegen und tat alles in ihrer Macht stehende, um ihn zu kopieren. 1995 begleitete Michael Elizabeth bei ihrer Hochzeit zum Traualtar, die draußen auf dem Gelände der Ranch stattfand. (Eigene Anm.: Die Hochzeit fand 1991 statt).
Ich habe Michaels Levi’s zu Tode geschneidert, denn das war es, was er zu der Hochzeit tragen wollte. Als ich in der Woche, bevor Liz Larry Fortensky heiraten wollte, auf der Ranch eintraf, war Michael gerade mitten in einem Telefongespräch.
„Hier, Elizabeth möchte mit dir sprechen,“ sagte Michael und reichte mir ohne Vorwarnung den Hörer. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas mit mir machte, und ich wusste, es würde auch nicht das letzte Mal sein.
Ich konnte gar nicht so schnell Hallo sagen wie sie forderte: „Was wird er zu meiner Hochzeit tragen?“ Sie sagte kaum Hallo, wenn ich mit ihr telefonierte und nach all den Jahren erwartete ich schon ihre spielerischen Befragungen. Ich vermutete, Michael wusste, welche Information Elizabeth versuchte aus mir herauszupressen, denn als ich zur Orientierung verzweifelt zu ihm hinsah, durchschnitt er die Luft mit seinen Armen wie mit einer Schere und formte lautlos mit seinen Lippen: „Sag ihr nichts. Sag ihr nichts.“
Elizabeth sagte: „Er sagt dir gerade, dass du mir nichts erzählen sollst, stimmt’s?“ „Ja, Elizabeth.“ Und dann erwischte sie mich wirklich unvorbereitet.
„Wird er ein Schwert bei meiner Hochzeit tragen?“ Sie wusste, was immer es sein würde, Michaels Outfit würde zu viel des Guten sein. Ich kam nicht zu Wort, und dann … „Sag diesem kleinen Bastard, er soll kein Schwert zu meiner Hochzeit tragen.“
Das waren Worte, die zu einem Matrosen passen würden, aber ich hatte mich inzwischen an Elizabeths Gossensprache gewöhnt. Sie liebte vulgäre Ausdrücke und sie ging ziemlich gut damit um.
Als ich den Hörer einhängte, war Michael erleichtert, dass die Levi’s ein Geheimnis blieb. „Wenn sie weiß, dass ich Levi’s trage,“ erklärte Michael, „dann will sie auch eine tragen.“
Also fertigten wir eine Renaissance-Jacke, etwa 15. Jahrhundert, an, mit einer quer verlaufenden Schärpe, die er zu der Levi’s tragen würde. Aber Michael ließ das Schwert zuhause.Unsere Arbeitsweise war etwas wunderlich, jedoch ausgeklügelt. Dieses Paradoxon war eines unserer liebsten, denn es trieb uns an, wenn es um die wirklich besonderen Dinge in Michaels Garderobe ging. Um die Illusion von Michaels Mysterium nicht aus den Augen zu verlieren, brachten wir Michaels Magie zur Entfaltung, bis wir erreicht hatten, von dem wir dachten, es sei der Gipfel, nur um weiter und weiter zu suchen, bis wir uns selbst bei Dingen wiederfanden, die andere Leute als unfassbar erachteten. Wir hatten gar nicht die Absicht, dass es passierte. Unter Michaels Anleitung machten wir ganz einfach anstatt nachzudenken.
Wir begannen als Zuschneider / Ausstatter und Ankleider und wuchsen zu Designern und dann auch Künstlern heran, bis wir eines Tages aufwachten und bemerkten, dass wir zu Innovatoren (Erfindern) geworden waren. Nichts zeigt dieses Wachstum besser, als die Entwicklung der Thriller-Jacke.
DieBuchstabenlotterie
Michaels Wunsch sich hervorzuheben wurde von Klugheit begleitet. Er verstand mehr von Marketing und Geschichtenerzählen und von Darstellung als jeder andere, und diese Fähigkeiten sagten ihm, dass ein Geheimnis nicht länger ein Geheimnis ist, wenn die Menschen das Interesse verlieren. Seine Bedeutung zu behalten ist ausschlaggebend, um weiter ein Fragezeichen zu bleiben. Also war es Teil unserer Verantwortung weiter Öl ins Feuer zu gießen – das Geheimnis zu erweitern, indem wir neue Gründe für die Leute lieferten „Warum?“ zu fragen und immer neu zu testen, ob es irgendjemand bemerken würde.
In den frühen 90ern kreierten wir einige neue Hemden für Michael in unserer Chinaseiden-Phase, in der wir uns dank „Dirty Diana“ befanden, und als wir ihm das erste zeigten, sagte Michael „Das ist ein wirklich gutes Hemd.“ Aber dann zeigte er nur oben auf die Schulter, so als würde er Jiminy Cricket von seinen Epauletten, den verzierenden Schulterstücken, wischen (Jiminy Cricket ist eine sprechende Grille und Gefährte Pinocchios). Mehr sagte er nicht. Ich wusste, dass es bedeutete, wir sollten dort etwas hinzufügen. Etwas fehlte. Dennis und ich begannen mit dem alten Verlässlichen – einem Wappen – aber dann sagte unser Bauchgefühl Stop. Daraufhin schlug Michael vor „Setzt einen Buchstaben drauf.“
„Was für einen Buchstaben?“ Es schien in dem Moment eine logische Frage zu sein, obwohl ich rückblickend gesehen Michaels kryptische Antwort schon aus einer Meile Entfernung hätte kommen sehen müssen.
„Ich weiß nicht. Nimm irgendeinen.“
Er wollte, dass wir einen Buchstaben herausnahmen und ihn auf die Schulterklappe seines Hemdes setzten. Also trug er nun eine Armbinde und einen Buchstaben. Wir gingen zurück zum Studio, nahmen einen von Michaels Fedora-Billie-Jean-Hüten und warfen alle 26 Buchstaben des Alphabets hinein. Ich zog einen Buchstaben: C. Aber das fühlte sich noch unfertig an. Also zog Dennis den nächsten Buchstaben: T.
Hmmm. C-T. Es fühlte sich immer noch nicht richtig an. Geh nach deinem Bauchgefühl. Also zogen wir noch einen Buchstaben: E.
C-T-E
Es bedeutete gar nichts. Und das fühlte sich richtig an.
Sie lebt
Die Looks von Billie Jean und Thriller waren unantastbar. Sie waren so kultig geworden, dass wir die Fans enttäuscht hätten, wenn wir sie zu sehr verändert hätten. Die Herausforderung bestand also darin, die Silhouette beizubehalten, um eine Jacke zu haben, die unmissverständlich Thriller bedeutet, während wir immer etwas anderes als die vorherige Verkörperung erarbeiteten.
Michael erzählte mir, dass seine Original Thriller-Jacke von Marc Laurent war, dass aber seine erste Thriller-Jacke für die Auftritte auf der Bad Tour von Bill Whitten gemacht worden war. Auf ihr befanden sich Leuchtstreifen, dieselben, die du dir ans Armaturenbrett im Auto kleben kannst, damit dieses erhellt wird. Was in Ordnung ist, aber von Weitem verlierst du es aus den Augen. Noch dazu ist das Material nicht flexibel – es ist starr und bewegt sich nicht mit dem Körper mit. Es war alles falsch soweit es Funktionalität und das Aufblinken betraf. Also war Michael enttäuscht und ich fragte ihn: „Michael, was möchtest du? Sag‘ mir, was du von dieser Jacke erwartest.“
„Bush, wenn meine Thriller-Jacke aufleuchten könnte, dann wäre es das Größte.“
Also machten Dennis und ich uns zum Maßnehmen auf zum Familienwohnsitz Hayvenhurst in Encino, wo Michael zu der Zeit lebte. (Dies war, bevor wir die Muster hatten, auf die wir uns wegen der perfekten Passform verließen.) Während wir die spiralförmige, schmiedeeiserne Treppe an der Seite des Hauses, die zu seinem privaten Eingang führte, hoch gingen, war es ruhig auf dem Grundstück. In seinem Zimmer war es, wo sich all seine Magie abspielte. Schaufensterfiguren in allen Größen befanden sich in jeder Ecke, außer der, in der die Kiste von Bubbles stand. Reihenweise Awards befanden sich auf den Regalwänden, und auf dem Boden in der Mitte des Raumes stand eine Kiste aus Acrylglas, in der zwei Fuß große Figuren von Schneewittchen und den sieben Zwergen aufgestellt waren, die so akkurat hintereinander im Gänsemarsch marschierten, dass du ihr Pfeifen hören konntest.
Es war die erste vollständige Jacke, die wir für ihn anfertigten und wir waren darauf angewiesen, dass wir die exakten Maße erhielten. Als ich das Maßband rund um Michael band, fragte er mich: „Bist du sicher, dass du diese Jacke leuchten lassen kannst?“ „Wir werden nachhelfen, dass es so sein wird,“ versicherte ich ihm. Wir hatten gar keine Wahl. Für Michael war ein „Es geht nicht“ nicht vorstellbar. Wir steuerten mit Michaels Maßen, der Original Thriller-Jacke von Laurent, von der wir ein Muster zuschneiden wollten und unserem bis in die Kehle klopfenden Herz, auf unser Zuhause zu.
Wir eilten durch die Tür unseres Studios, und Dennis begann sofort mit den Skizzen. Er verfolgte das schwarze V, das zu den Schultern hochlief und überlegte, was passieren würde, wenn das V aufleuchten würde. Mit der Konzertbeleuchtung überall und den schwarzen Lichtern, die auf dem V aufleuchten würden, wie würde man da das Rot der Jacke erkennen? Das würdest du nicht. Das Rot würde weggespült werden. Der Weg, um das Rot erkennbar zu machen, war, dass es das Licht einfangen musste, also musste der rote Teil nun perlenbestickt werden.
Wir begannen mit dem Aufsticken und steuerten durch all diese unerwarteten Fertigungsschritte, und es begann, sich alles zusammenzufügen. Die Zeit war gekommen, die Originaljacke zu benutzen, um ihre Form zu kopieren und ein Muster zu entwerfen.
Nach der Erstellung des Musters benötigten wir eine Form, also machten wir eine aus Acrylglas. Es wurden drei Ingenieure benötigt, die Jacke zu verkabeln, so dass sie leuchtete, und einen Computertechniker, um das alles mithilfe einer Fernbedienung funktionieren zu lassen, denn es gab keine Möglichkeit, dass Michael die Jacke durch Berührung anschalten konnte. Das ist keine Magie; das ist die Betätigung durch einen Schalter.
Ich stanzte die Löcher, während Dennis die Perlen aufstickte ohne an ein Kabel zu kommen. Dann mussten wir zurück zu einem der Ingenieure, damit dieser sicherstellen konnte, dass wir während unserer Bearbeitung keines der Kabel beschädigt hatten. Die fertiggestellte Jacke wog siebzehn Pfund und musste ein zu entfernendes Futter haben, welches auch feuerfest war.
Als wir die Jacke fertiggestellt hatten, nahm ich sie mit nach Pensacola, Florida, wo Michael seine Anproben abhielt, bevor er sich zum zweiten Leg der Bad Tour aufmachte – die Serie der amerikanischen Hallenshows. Er probierte sie nicht in den Ankleideräumen an, so dass wir sie das erste Mal in Aktion sahen, als er mitten in der Nummer auf der Bühne war. Der Manager für die Special Effects betätigte die Fernbedienung, und Michael stand wie eine Statue mit den Händen über seinem Kopf, als er aufleuchtete. „Hurt me!“ / „Tu mir weh!“ rief er aus, was in Michaels Sprache bedeutete, das er hoch erfreut war.
Während der zweiten darauffolgenden Probe an diesem Tag wollte Michael die aufleuchtende Jacke vollständig sehen können, also rollten wir einen Tanzspiegel auf die Bühne. Während wir das Schauspiel aus der gleichen Perspektive sahen, wie es das Publikum sehen würde, pumpte Michaels Faust in die Höhe begleitet von einer weiteren Runde „Hurt me! Hurt me!“ (Tu mir weh!) Für ihn war dies die ultimative Showjacke seines Lebens.
Als wir von der Tour wieder nach Hause kamen, händigten wir Michael seine Original Laurent-Jacke wieder aus, aber er sah uns verwirrt an.
„Musstet ihr sie nicht aufschneiden?“ fragte er. „Nein, Michael. Das ist unser Job.“
Er war erstaunt, dass wir solch ein Kunststück vollbringen konnten ohne dabei die erste Jacke zu zerstören. Wir waren fassungslos, dass er dieses besondere Stück für eine Erfindung geopfert hätte.
„Ihr habt das für mich getan?“ Michael fühlte sich tief geehrt, aber es war unmöglich für ihn, der einzige Beschenkte im Raum zu sein. Also nahm er die Laurent-Jacke, signierte sie und gab sie Dennis und mir. Diese Freundlichkeit war so typisch für den Michael Jackson, den wir kannten.
Jeden Abend auf der Bad Tour hob Michael seine Arme in Form eines „V“ vor durchschnittlich 50.000 Fans, während er eine Thriller-Jacke trug, die auf Anhieb aufleuchtete wie Vegas. Die Menge rastete aus, und Michael war in Ekstase. Der musikalische Direktor wusste nicht, wann er den Einsatz für den nächsten Song geben sollte ehe der Jubel nicht verstummte, und das passierte nur, wenn Michael sich wieder bewegte. Aber Michael stand einfach nur da, nahm es in sich auf, kostete es aus und ließ zu, dass die Schreie und Rufe und der Applaus in sein Bewusstsein dringen konnten. Diese Reaktion, diese Wirkung ist das, wofür Michael gelebt hat.
CThe Entertainer.
Das Problem dabei ist: Wenn du das noch nie Dagewesene tust, etwas, das die Magie und das Geheimnis verkörpert, an dessen Verwirklichung du dein ganzes Leben gearbeitet hast, wie willst du das noch toppen? Wird die Jagd jemals enden?
Mach dich bereit, wir sind gerade erst gestartet.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Fr 1 Feb 2013 - 22:57
Kapitel 5
Einen König kleiden
Michael Jackson trug in der Öffentlichkeit niemals zweimal dasselbe, mit Ausnahme einiger Performance –Kleidungsstücke und einer Jacke, die wir 1992 für ihn anfertigten. Ausgefallen, originell, und mit schimmerndem, fließendem Metall bedeckt – an dieser Jacke war jedes Detail richtig. Während die Presse spekulierte, dass dieses zweimalige Tragen bedeutete, dass Michael pleite war, wussten Dennis und ich die Wahrheit. Auch wenn er es ein paar Monate zuvor schon zu einem weniger öffentlichen Ereignis getragen hatte, bestand Michael darauf, dieses Kleidungsstück während seiner Performance beim Amtseinführungs-Ball von Bill Clinton, am 20 Januar 1993, zu tragen.
Um sicher zu gehen, dass Michael genug zum Wählen hatte, kam ich zwei Tage vor dem Event mit meiner üblichen Auswahl an Garderobeteilen in das Madison Hotel in DC. Doch Michael brachte auch seinen eigenen Koffer mit, und er hielt eine schwarze mit Nieten verzierte Lederjacke hoch und sagte zu mir: „Die werde ich tragen.“ Sie wurde zu einer festen Größe, an der Dennis und ich das Kaliber aller unserer zukünftigen Jacken messen würden, hinsichtlich handwerklicher Fertigkeit, Qualität und Originalität, welches die grundliegenden Dinge von Michaels Selbstdarstellung waren.
Nachdem die sieben Grundschnitte für Michaels Garderobe festlagen, war der größte Teil unserer Arbeit das Erschaffen und Verzieren von Jacken. Die restliche Zeit waren wir auf der Jagd nach dem nächsten, neusten Trend, dem absolut besten für Michaels Edifikation. Die Hauptfunktion der Jacken war die Balance im Mysterium Michaels zu erreichen – einfache Levis und Loafers ließen Michael normal aussehen. Aber das in Kombination mit einer üppig verzierten militärischen Shiluette zu setzen, setzte einen Fokus, der sagte: „Seht her, die Show hat gerade erst begonnen.“ Genau das passierte auch mit der Clinton Jacke.
Fünf Lederlaschen auf jeder Seite des Reißverschluss waren mit viereckigen, silbernen Nieten verziert – tausenden davon. Wenn Michael tanzte, tanzten die Laschen. Facettierte Nieten auf dem Leder ließensie gefährlich aussehen. Sie erinnerten an die Spikes am Halsband einer Bulldogge. Und das Metall fing das Licht ein, was es noch beeindruckender aussehen ließ. Die Laschen schlugen gegeneinander und verursachten den Klang von Ketten. Michael trug die Clinton-Jacke nicht einfach, er manipulierte sie. Er atmete rhythmisch ein und aus, wechselte tiefe Atemzüge mit kurzen ab, um die Laschen in eine Bewegung zu bringen, die dem Licht ermöglichten, sich in den Nieten zu brechen und an seinem Körper in einem Zick-Zack-Muster entlang zu laufen. Mit unsichtbaren Fäden an Michaels stillem Beat verknüpft, wurde die Jacke lebendig, als wäre er ihr Puppenspieler.
Besondere Effekte
Die Tatsache, dass seine Kleidung sich bewegen und Geräusche machen konnte, war Michaels liebster Grund, sie zu tragen. Aus diesem Grund war er auch von Reißverschlüssen so fasziniert. Jeder bemerkt das Geräusch, was ein Reißverschluss macht, aber es gibt nur einen mir bekannten Menschen, der es so sehr mochte, dass er es regelrecht unterhaltsam fand. Michael hatte die unbewusste Angewohnheit, mit seinen Reißverschlüssen herumzuspielen. Meistens saß er hinten im Auto und zog sie hoch und runter, machte das Zip-Zip-Geräusch, was er so manipulierte, wie ein DJ es mit seinen Platten tut. Ihm dabei während einer längeren Autofahrt zuzuhören, zusammen mit dem Knallen der Blasen der vier Bazooka-Kaugummis, die gleichzeitig er im Mund hatte, konnte ausreichen, dass du verrückt wurdest. Zip-Zip-Chew-Chew. Vier Stunden am Stück. Manchmal hörten sich unsere Fahrten an, wie ein missglückter Familienausflug:
„Michael“ blaffte ich, “du hörst dich an, wie eine Kuh im Stall.“ Er fand diesen Rückgriff auf meine ländliche Appalachen Herkunft sei zum Lachen. Er lachte, und ich konnte den Berg Kaugummi zwischen seinen Backenzähnen sehen, und dann sagte er etwas absichtlich Nervendes wie: „Stört es dich?“ und machte weiter mit seinem Zip-Zip.Chew-Chew.
Aber auch, wenn er mich stichelte, wie ein kleiner Bruder seine älteren Geschwister, hat er mich nicht wirklich geärgert, weil ich wusste, wie wohl er sich fühlte.
Michael wusste schon früh, dass Bewegung in seiner Kleidung ein wichtiger Teil seiner Performance war. Die erste Jacke, die er 1983 für Billie Jean, beim Motown 25 Anniversary Special trug, als er seinen Moonwalk zum ersten Mal zeigte, gehörte seiner Mutter Katherine. So ein ikonischer Augenblick, und er war trotzdem nur aus einem Impuls geboren, da Michael seine Mutter ein paar Tage zuvor gesehen hatte, als sie die Jacke trug. Die mit Netzstoff und Pailletten versehene Jacke im Chanel Stil kam aus dem Bullocks Department Store, in Sherman Oakes, Kalifornien. Die Geschichte ging so: Sie war schwarz und glänzte, und Michael wollte sie tragen. So einfach war das.
Über die Jahre entwickelte sich die Billie Jean Jacke, obwohl sie immer gleich blieb, bis auf den Stoff, auf den die Pailletten aufgenäht sind, der sich über den Zeitraum von 3 Jahrzehnten veränderte und auch mit der Zeit die Beschaffenheit der Jacke veränderte.
Katherines Jacke war aus einem Netzgewebe, anders wie die moderneren Stoffe, wie Alex Jersey, der zwar geschmeidig ist, aber schwer. Um die eher starren Materialen zu vermeiden, die anstatt dem Netzstoff später aktuell waren, mussten wir wirklich suchen, um einen Stoff zu finden, der das aus der Mode gekommene Netzmaterial von Katherines Blaser ersetzen konnte. Traditionell werden Pailletten auf ein Netzmaterial angebracht, so dass man seinen Finger durchstecken kann, wie bei einer Perücke, aber der Stoff entwickelte sich zu einem festeren Material, wie Azetat. Die offene Struktur des Netz war beweglicher, und weil Michael diese Jacke oft hochschleuderte, wollte er, dass die Pailletten zurückfederten und das Licht genauso einfingen, wie es Katherines Jacke getan hatte. Wenn die Jacke nicht die richtige Figur machte, wenn Michael sie hochwarf, hatte es nicht die gewünschte Wirkung. Und Michael beschwerte sich: „Das ist nicht magisch.“
„Was stimmt da nicht, mit meiner Jacke?“ fragte er während einer der ersten Kostümproben, an der ich zwischen den beiden Legs der Bad Tour teilnahm. Er sah mich an, als sei er gerade in ein neues Karussell in Disney Land eingestiegen, welches genau dann nicht funktionierte. „Sie besteht nicht aus lose gewebtem Material“, erklärte ich, und deutete auf die Jacke aus Alex Jersey, die er gerade trug. „Aber ich werde dir eine anfertigen, die daraus gemacht ist.“ Das Gleiche passierte ein paar Mal mit seiner Krawatte. Michael machte seine Drehungen, und wollte, dass die Krawatte hinter ihm herumflog wie das Rotorblatt eines Helikopters. Aus dem Grund ließ er 1987 den Dreh von seinem Smooth Criminal-Kurzfilm stoppen. Er erklärte mir: „Wenn ich mich drehe, dann möchte ich, dass meine Krawatte da herumfliegt.“ Und zeigte genau auf die Stelle, wo er auf der anderen Seite seines Körper die Krawatte sehen wollte. Wenn die Kleidung sich nicht richtig bewegte, funktionierte sie nicht. Also nähte ich auf Dennis‘ Vorschlag hin eine Münze in die Krawatte ein, die sie schwerer machte. In weniger als fünf Minuten und zu Preis von 25 Cent, wurde Michaels Krawatte von einem Makel zu einem Rotorblatt.
Solange Michaels Kleidung für ihn arbeitete, war er glücklich damit, aber wenn er damit fertig war, kam es zu einem schnellen Ende. Er ging sehr hart damit um. Und weil er nie eine besondere Verbindung zu seiner Kleidung hatte, war Michael damit sehr freigiebig. Er wurde dafür bekannt, seine Jacken und Hüte an seine Fans zu verschenken. 1985, kurz nach dem ich Teil seines Kamps wurde, war ich mit Michael in einem Aufzug, zusammen mit einem Fan, der rief: „Ich liebe deine Jacke, Michael!“ Es war eine schwarze, Britische Husarenjacke, eine der ersten Jacken, die wir für ihn gemacht hatten. Vom Design bis zu Fertigstellung hatten wir dafür drei Wochen gebraucht. Und Michael zog sie einfach aus, gab sie dem Fan und sagte: „Hier, bitteschön!“ Ich konnte es nicht fassen. Was, wenn Michael noch einmal eine solche Jacke wollte? Wie sollten Dennis und ich dann noch genau wissen, was wir zur Verzierung benutzt hatten, was funktionierte und was nicht? Wir würden einen Katalog mit Fotos von all unseren Stücken anlegen müssen, wenn Michael damit durch die Stadt lief und seine Kleidungsstücke an jeden verteilte, der ihnen einen Blick zu viel schenkte.
Zuletzt von maja5809 am Fr 1 Feb 2013 - 23:02 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Fr 1 Feb 2013 - 22:59
Just Bead It („Beads“ sind Perlen….vlt. zu übersetzen mit “Einfach aufmöbeln“ (anstatt beat It- vermöbeln…)
Sound, Bewegung, Licht und Innovation war in Michaels Garderobe immer zu finden, aber nichts stand mehr für „Rebellion“, wie die original Beat It Jacke. Von Marc Laurent 1982 für den Kurzfilm angefertigt, wurde die Beat It Jacke zu einer der meist kopierten Stücke aller Zeiten. Kinder trugen sie, wenn sie auf ihren Schulbus warteten, Teenager legten sie im Kino um die Schultern ihrer Freundinnen , sie war in College Bars und Klubs überall auf der Welt zu finden. Die original Beat It Jacke stand nicht nur für die Essenz der Gang in dem Kurzfilm, sie beinhaltete auch alles, was wichtig für Michael war: Sie war aus Leder, stand deshalb gleichzeitig für „Streetwear“; sie war rot, Michaels Lieblingsfarbe, die garantiert die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen würde; sie hatte Reißverschlüsse und an den Schultern ein Netzmaterial aus kleinen Ketten, die Geräusche machten und das Licht einfingen; sie war militärisch, was seinen Körperbau unterstützte und sie strahlte eine Aura von Kontrolle und Autorität aus. Aber eins fehlte: Michael hatte Probleme, darin zu tanzen.
Während der Victory Tour, der ersten Tour, auf der Michael Beat It live performte, trug er eine schwere, mit stäbchenförmigen Perlen verzierte Version der Jacke, erschaffen von Bill Whitten. Sie war zu schwer, um damit zu tanzen, und zu eng unter den Armen. Michaels Choreografie von Beat It enthält Sequenzen, in denen die Arme hochgeschleudert werden, als wären es Vogeflügel, was von den Jackenärmeln verhindert wurde. In den Nähten unter den Armen gab es nicht genug Nahtzugabe, die Schulterpolster schlugen ihm ins Gesicht und die Jacke erschien steif und stand von der Taille ab. Die Probleme mit den Ärmeln von Michaels Jacken wurden während des ersten Teils der Bad Tour zu einem Thema und führte mit dazu, dass Michael Dennis und mich einstellte. Die rote Schlangenhaut-Version der Jacke, ebenfalls von Bill Whitten entwickelt, die zu Beginn der Bad Tour im Einsatz war, hatte viel Oberflächenstruktur und fotografierte sich sehr gut, aber sie konnte sich nicht mit Michael bewegen. Sie brach während der Tour buchstäblich auseinander. Die Nähte platzten auf und Säume und Reißverschlüsse fielen ab. Als wir während dem ersten Leg der Bad Tour eingestellt wurden, war unsere Aufgabe, in den Nähten Stoffzugaben einzunähen, um seinen Armen mehr Bewegungsraum zu verschaffen, ohne dabei auszusehen, als ober er versuche sich aus einer zu starren Jacke heraus zu winden. Durch den zusätzlich eingenähten Stoff verwandelten wir sie in eine Tänzer-Jacke. Von da ab übernahmen Dennis und ich Whittens Job ganz.
Als wir die Jacke 1989, sechs Jahre nach dem Original, übernahmen, optimierten wir sie einfach dadurch, dass wir Michael beobachteten wie er darin tanzte, so dass wir abschätzen konnten, was er brauchte und wie sein Körper sich bewegte. Beat It war einer der explosivsten und körperlichsten Liveacts von Michael. Wir wussten, er brauchte einen Stoff der leicht war und unglaublich stabil, damit er die Jacke herum werfen konnte. Während der Show trampelte Michael darauf herum, lief über sie, und hatte in ihr eine Art Wutanfall. Die Reißverschlüsse fielen auseinander, die Plastikzähnchen gingen verloren, und ich reparierte über Nacht alles wieder, für die nächste Show. Die Passform und die Funktion der Jacke hatten wir im Griff, was zur Herausforderung wurde, war der besondere Flash. Wie konnte Beat It immer gleich aussehen und trotzdem anders sein?
Die Lösung: Verändere nichts außer dem Material. Für die Dangerous Tour machten wir die Jacke beispielsweise aus authentisch aussehender roter Fischhaut, mit Kristallsteinen auf den Schultern. Nimmt man die Fischschuppen eines echten Fischs, erhält man eine zerrissene Lederoptik, verwittert und trendig, gebraucht aussehend aber immer noch glamourös. Weil sie strukturiert war, fotografierte sie sich sehr gut und sie war leichter wie die Versionen, die mit Perlen verzierte waren oder aus Leder.
Von den acht existierenden Beat It Jacken war die für der HIStory Tour angefertigte seine Liebste. Sie war aus Neopren – eine Kunststoffart. Sie sah aus, als hätte Tinker Bell die Oberfläche der Jacke mit irisierendem Glitzer bestreut. Auf den Schultern, dort wo bei der vorherigen Version die Kristalle waren, hatten wie Hologramm Quadrate aus Plastik platziert, die aussahen wie die Spiegelscheibchen einer Diskokugel. Das entsprach dem magischen Aussehen der Kristalle und sorgte für Aufmerksamkeit auf der Bühne ohne überladen zu sein. Tinker Bells Beat It Jacke war ein Augenschmaus, vielfarbig, mit Eigenleben und war fast ohne Gewicht. Als Michael älter wurde, wurde auch das Gewicht der Kleidung zum Thema. Nach über zwei Stunden Live-Gesang und Tanz, mussten Michaels Kostüme immer leichter werden, je weiter die Show voranschritt. Beat It wurde immer in der Mitte der Show aufgeführt. Du kannst einem Mann keine Jacke anziehen, die 5 Pfund wiegt, der zu diesem Zeitpunkt schon bis zu 5 Pfund Gewicht an Wasser verloren hat, und der sich anschickt einen Bandenkrieg auf der Bühne auszutragen.
Wir wussten nicht, wie wir die Beat It Jacke nach der HIStory Tour weiterentwickeln würden, aber 2001, als Michael sich auf seine 30th Anniversary Show im Madison Square Garden vorbereitete, rief er mich eines Nachts im August an, einen Monat bevor wir für die zwei Shows - am 7. Und 10. September - nach New York aufbrachen. Er hatte sich entschieden, den Eröffnungsakt ganz in weiß zu performen und den Rest der Show schwarz zu tragen. Seine Anweisung lautete deshalb: „Macht meine Beat It Jacke schwarz.“
Man kann die Beat It Jacke nicht schwarz machen.
Er war Sänger, Tänzer und Gedankenleser: „Es wird die Fans durcheinander bringen“, erklärte er. „Mal sehen, ob sie es bemerken. Ob sie aufpassen.“ Am 7. September performte Michael Beat It im Madison Square Garden in einer schwarzen Beat It Jacke aus Schlangenhaut. Auf den Schultern ersetzten wir den Feenstaub mit der rauen Seite von Velcro (Material vom Klettverschluss) welches eine gute Textur hat und rebellisch wirkte. In der Mitte des Showteils war vorgesehen, dass ich nach vorne auf die Bühne kam, und Michael die Beat It Jacke anzog, während er sang. Als ich ihm die schwarze Schlangenhaut-Jacke überzog, murmelte Michael aus seinem Mundwinkel: „Bush, die sollte rot sein.“ Ich war entsetzt, und man konnte es an meinem Gesicht sehen. Und das war genau der Punkt, an dem Michael erkennen ließ, dass ich wieder einmal auf einen seiner Tricks hereingefallen war. „Haha..reingelegt.“
Die Rezeption (Vorstellung/Auffassung) von Perfektion
Michael Jackson machte keine Musikvideos; er machte Kurzfilme. Musik Videos kosten Tausende, Kurzfilme kosten Millionen. Michael würde sagen: „Filme erzählen Geschichten. Videos sind wie Nachrichten.“
Das war Michaels Marketing Seite, der Teil von ihm, der uns auch dazu anhielt, Magazine zu durchpflügen und Anzeigen zu analysieren. Michael verstand die Macht der Wahrnehmung: Verändere die Worte und die Bedeutung ändert sich. Nennst du etwas „Video“, hat es eine andere Bedeutung, als wenn du „Kurzfilm“ sagst.
Ähnliches empfand Michael hinsichtlich seiner Kleidung. Nur er konnte eine ganz gewöhnliche Levis Jeansjacke in eine Pracht-Jacke verwandeln. Wir fassten einen Modeklassiker ins Auge. Eine Levis Jacke, an den Schultern breit, in der Taille kurz geschnitten, mit zwei Fronttaschen und einem V-Förmigen Halsausschnitt. Das war die perfekte Basis für eine Michael-Jacke – etwas ganz Gewöhnliches, was in etwas Spektakuläres transformiert wurde.
Ursprünglich machten wir eine Jacke aus weißem Leinen nach einem Schnitt der Levis Jeansjacke und verzierten sie mit eingefassten Kristallsteinen. Das Metall der mit sechs Klammern gefassten Steine war zu schwer und zu auftragend um den soliden Look zu erreichen, den Michael durch das Aneinanderschieben von Pennys, bis sie sich gegenseitig berührten, verdeutlicht hatte. Das Gewicht des Materials verursachte, dass die Ellbogen ausbeulten und der Stoff verspannte sich und wurde steif, wie die erste Jacke aus Metall, die Dennis für Michael anfertigte und die wir schließlich verwarfen. Ein weiteres Problem war, dass die Metallklammern durch den Stoff gingen, und wenn sie nicht richtig befestigt waren, stachen sie in die Haut, wie eine Nadel. Sie rosteten auch, wenn sie nass wurden, und waren unmöglich zu reinigen.
Traditionell werden Kristallsteine eingestanzt, denn diese Vorgehensweise ist am kostengünstigsten. Die einzige andere Möglichkeit ist, sie von Hand aufzunähen, was das durch die Fassungen verursachte Versteifen verhindern würde und die Kristalle könnten sich so auch gegenseitig berühren – „solide“, so wie die Pennys. Als Michael die Jacke mit den eingestanzten Kristallsteinen anprobierte, hasste er sie. Er zog sie aus, gab sie mir zurück und sagte: „Jetzt machst du mir noch eine Richtige.“ Mit „Richtige“ meinte Michael die handaufgenähte Version. Tausende von Kristallsteinen wurden benötigt, um die komplette Jacke zu bedecken, was erforderte, dass ich verschiedene Quellen aufsuchte, um sie kaufen. Kein Händler hat so viele Kristallsteine gleichzeitig am Lager. Ich hatte etwas weniger als vier Wochen Zeit, die Jacke herzustellen und kaufte schließlich alles auf, zwischen New York und Los Angeles, musste aber trotzdem noch die Hauptquelle – Österreich, wo sie produziert werden – aufsuchen, um Steine schneiden und versenden zu lassen. Dieses Mal – für die „richtige“ Jacke – fassten wir die Steine nicht ein, sondern nähten sie direkt auf den Stoff. Kristallsteine auf zu nähen ist sehr mühsame Arbeit, kein Wunder also, dass es eine aussterbende Kunst ist. Wir nähten 9000 Steine auf diese Jacke, mit bloßen Händen in 21Tagen. Mit zwei Stichen pro Stein, was 18.000 handgemachte Stiche ergibt. Michael war begierig darauf, die Jacke zu sehen. Er rief ständig an und machte mich ganz verrückt, wie mit dem Zip-Zip-Chew-Chew im Auto, was seine Version von „sind wir bald da, sind wir bald da?“ war, die er in einen Song verwandelte und auf meinen Anrufbeantworter sang: „Wo ist meine Jacke, wo ist meine Jacke?“
Ich lernte so viel von Michael und hatte kein Problem damit, das Gelernte bei ihm anzubringen. „Michael,“ sagte ich, „du bist derjenige, der mir sagte ‘Zeig deine Kunst niemals, bevor sie fertig ist.‘“ Wir arbeiteten rund um die Uhr an dieser Jacke, stellten sicher, dass der Stoff nicht durch das Gewicht der Steine zerstört werden würde, und brachten sie so an, dass die Jacke beweglich bleiben würde – immer ein Stein in der Mitte, und zwei seitlich.
Jeder Augenblick, den ich mit Nadel und Faden verbrachte, war es wert, als ich das Endergebnis sah. Anstatt Leinen verwendeten wir weißes Segeltuch, ein leichteres Leinen, was im Bootssport verwendet wird. Mit drei verschiedenen Größen von gelochten Kristallsteinen bedeckt – 5, 6, und 7 mm Durchmesser – sah das fertige Produkt wie ein Spiegel aus. An jedem Ärmel benutzten wir Topas-Kristallsteine in Form eines Rangabzeichens, militärischen Insignien, die den Dienstgrad angeben. Am rechten Ärmel gestalteten wir die typische Armbinde aus Gold-Topas. Als letzten Schliff ersetzten extra große Kristallsteine, mit einem Durchmesser von etwa 2,5 cm, die üblichen Levis-Knöpfe. Ich wusste, Michael würde es lieben und konnte es nicht erwarten, dass er die Jacke sehen würde.
Das erste, was ich morgens tat, war in dem Studio anzurufen, indem er arbeitete. Sie sagte, ich solle gegen 17.00 Uhr kommen; ich musste also den ganzen Tag abwarten. Als ich dorthin kam, leuchteten Michaels Augen auf, als ich mich ihm mit der verzierten Jacke näherte. Als ich sie ihm anzog, hörte er auf zu blinzeln. Er betätschelte sie und flüsterte wie bei einem Gebet: „Solide. Das Nonplusultra. Ich wünschte, ich hätte heute darin aufnehmen können.“ Ich wollte niemand verpetzen, aber ich wollte auch nicht unehrlich sein, nachdem ich mir drei Wochen lang die Finger blutig genäht hatte: „Das hättest du können, aber als ich heute Morgen anrief, wurde mir gesagt, dich nicht zu stören.“ Ich würde nicht sagen, dass er ärgerlich war, weil das einfach nicht seine Art war, aber er war auch nicht glücklich darüber und sagte, er müsse wohl mal mit demjenigen sprechen, der dachte, die Jacke sei nicht wichtig genug, um eine Aufnahmesession zu unterbrechen, wenn sie für ihn definitiv wichtig genug war. Für Michael war es nicht abwegig die Welt wegen einer Jacke anzuhalten, und keiner von uns konnte ahnen, dass die Welt tatsächlich stehenbleiben würde, kurz, nachdem er sie im Madison Square Garden bei seinem 30th Anniversary Special, am 10. September 2001 getragen hatte. In dieser Nacht hatte Michael – großzügig wie immer – gesagt, dass er die Jacke Aaron Carter schenken würde, dem Bruder von Nick Carter von den Backstreet Boys, die „I Want Candy“ performten. Der Junge war ein Fan und auf dem Weg zum Star. Als das Management Einspruch einlegte, machte Michael sich bei mir Luft: „Sie verstehen das nicht. Fred Astaire schenkte mir seine Tanzschuhe und ich möchte diese Tradition weitergeben.“ 2011, acht Jahre später trug Aaron Carter diese Jacke in der neunten Staffel von Dancing With The Stars.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Fr 1 Feb 2013 - 23:06
Eine Linie erschaffen
Als wir die Jacken verzierten, fanden wir heraus, dass der Gebrauch von Dingen, die nicht dafür vorgesehen sind, als Kleidung genutzt zu werden, zu Michaels liebsten Kunststücken gehörte. Er konnte sich einen Kronleuchter ansehen, und sich problemlos vorstellen, ihn anzuziehen. Die Dinner –Jacke mit den Gabeln, Messern und Löffeln gehörte auch zu seinen favouriten. Manchmal erfanden wir auch selbst ungewöhnliche Verzierungen. Während Michaels „Chromphase“, in der wir das Space Kostüm für Jam bei der HIStory Tour machten, war es unsere Mission, alles über Chrom herauszufinden. Wo konnten wir alles über dieses Metall erfahren, um herauszufinden, wie man es so manipulieren konnte, dass es tragbar wurde? Oltimer Ausstellungen waren die Lösung. Die Ausstellungsräume waren überwältigend, die Autos Kunstwerke. Das T-modell von Ford, Rolls- Roys von vor 1940, V 16 Cadillacs, Chevrolet Deuce Coupes standen vor uns und zeigten repräsentativ die Automobil-Historie. An diesen Autos war alles massiv, und geschmückt mit Messing und Chrom – Kühlergrill, Türgriffe, Kühlerfiguren. Messing würde Michael nicht tragen, weil es anläuft. Dank unserer Übung, kamen wir aus diesen Ausstellungen gut informiert und inspiriert heraus. Besondere Aufmerksamkeit erlangte ein Abzeichen eines britischen Automobilklubs mit einer Krone darauf. Ich hatte einen Gedankenblitz: Kreiere eine Jacke, so klassisch elegant und stilvoll wie die ausgestellten Autos, mit der Hilfe Europäischer Autoclub-Abzeichen – und vergiss nicht, das mit der Krone zu benutzen.
Michael bereitete sich auf ein Presse Shooting für den Remember The Time Kurzfilm vor, als wir ihm diese Jacke präsentierten. Auf dem schwarzen Leder hatten wir vier Abzeichen von Europäischen Automobilklubs angebracht: Real Automobile Club of Spain (RAC), Salzburg Automobile Club, Royal Automobile Club of Belgium, und Kongelig Norsk Automobilklub -und alle hatten Kronen. Wir versuchten die sieben Schnittmuster Michaels etwas zu erweitern und nähten deshalb vorne keinen Reißverschluss ein. Michael mochte keine Jacken, die sich nicht schließen ließen, auch wenn er sie vielleicht garnicht schließen würde. Er wollte die Jacke nicht einmal anprobieren. Aber nachdem wir ihn etwas überreden konnten und daran erinnerten, dass wir ihm nie etwas bringen würden, was nicht funktionieren würde, vertraute er uns und zog sie an, und ließ sie - ungern - auch für das Shooting an. Nach dem die Fotos fertig waren, sah er sie noch einmal an, um die gesamte Optik zu kontrollieren – Haare, Make Up, Licht, Posing und Jacke – und er liebte sie. „Ihr hattet Recht“, sagte er zu uns. Und daraus wurde eines der bekanntesten Shootings Sonys von Michael in einer unserer Jacken, die schließlich, aus einem mir unbekannten Grund, „Berlin-Jacke“ getauft wurde.
Zu weit gegangen Michael hatte immer gute Ideen, doch manche waren zu riskant, so dass er nie Gelegenheit haben würde, sie zu tragen. Eine dieser Ideen entstand 1992, zu der Zeit, als Michaels Ruhm am größten war. Sein Privatleben, die Möglichkeit in einen Plattenladen zu gehen oder auch einfach nur im Fond eines geparkten Autos zu sitzen, waren nur noch entfernte Erinnerungen, und Michael wollte, dass wir ihm eine Jacke machten, die die Paparazzi ablenken würde. Wenn er selbst einen Blitz einsetzen könnte, während sie ihn blitzen, wären ihre Bilder überbelichtet. Die Lösung: Eine schwarze Lederjacke, in der 34 Stroboskoplampen eingearbeitet waren. Natürlich würde Michael, um die Magie beizubehalten, die Jacke nicht berühren, damit sie funktionierte. Deshalb müsste ein Mitarbeiter der Security mit einer Fernbedienung die Lichter an der Jacke abfeuern, was eine zusätzliche Herausforderung war. Wenn die Lampen aktiviert wurden, machten sie ein ansteigendes Pfeifgeräusch, ähnlich wie bei einem Feuerwerk, bevor die 34 Lampen schließlich selbst zu einem Lichtspektakel wurden. Aber uns wurde von einem Arzt gesagt, dass die Intensität der Lichter bei einer Person mit Epilepsie einen Anfall auslösen könnte, deshalb benutzte er sie nie. Das war nicht das erste Mal, dass eine Idee von Michael nicht fertiggestellt wurde. Als wir 1988 zu den Grammys in New York gingen, war Michael in Aufregung über eine Nachricht von Jugendlichen, die andere Teenager im Central Park wegen ein Paar Sneakers überfallen hatten. Da Michael immer an menschlichen Verhaltensmustern interessiert war, lies er mich mit ihm die Wiederholung der Sendung ansehen und wollte meine Meinung dazu hören. „Bush, du musst das hier ansehen“ sagte er und schaltete den Fernseher in seinem Hotelzimmer im Helmsley Palace ein, seinem Lieblingsaufenthaltsort, wenn er in New York war. Das Hotel war sicher und verfügte über einen Aufzug, der ihn direkt von der Tiefgarage in sein Penthaus brachte. „Was denkst du, warum diese Kinder das tun? Ist es wegen dem Aussehen der Schuhe oder wegen ihrem Preis?“ Ich wusste, dass das keine Einladung zu einer Debatte über philosophische Ausführungen zur Kultur der Teenager im Big Apple war. Michaels Fragen waren immer rhetorisch und hatten immer großes zur Folge. „Mach mir eine Jacke aus Geld“, flüsterte er und lies das Wort geheimnisvoll in der Luft hängen, als wäre das seine bisher gewagteste Idee. Dennis nahm 97 Einhundert-Dollar-Noten, faltete jede nach Origami Art und machte daraus eine Motorradjacke, in dem er jede Dollar-Note schwarz umnähte und das gesamte Geld zwischen zwei Lagen Plastikfolie fixierte. Michael gefiel es, aber er dachte, man könne es noch verbessern. „Wow!“ sagte er, „Wir gehen demnächst nach England. Mach mir noch eine aus Britischen–Pfund.“ Darüber waren wie begeistert, weil:
1. Britische-Pfund gibt es in vielen verschiedenen Farben und 2. Der Dollar war mehr wert, als das Pfund.
Also hatte Dennis deshalb viel Spaß, die Noten anzuordnen und der Wechselkurs machte dieses Stück etwas günstiger in der Produktion. Einer von Michaels Beratern überzeugte ihn, dass es keine gute Idee sei, bedeckt mit Geldscheinen in der Gegend herum zulaufen. Zwar ging es bei Michaels erstem Gedanken zu diesem Konzept nicht um Mode oder um die Jagd nach Neuem. Aber jetzt, in den Archiven, sind die beiden Geld-Jacken wie Erinnerungen - an die wahre Bedeutung von Geld. Aber wir lernten auch, dass machmal eine gute Mode-Idee nicht unbedingt die beste Mode-Idee ist. Ein Leben mit Sinn und Bedeutung war Michaels Motivation. Durch die Überzeugungen, über die Michael schrieb und sang, inspirierte er Generationen dazu, ebenfalls nach einer höheren Bedeutung des Seins zu suchen. Und wenn er seine Konzerte gab, ermöglichte der Austausch der Energie zwischen Michael und seinen Fans eine eng verbundene Gemeinschaft mit sozialem Bewusstsein.
Ein Salut für die Soutache
Ein der am üppigsten verzierten Jacken, die wir je für Michael anfertigten, war die, die er kurz nach seiner Heirat mit Lisa Marie Presley am Cover der TV Guide trug. Das Cover promotete das 20/20 Interview mit Diane Sawyer, sein erstes öffentliches Gespräch über sein Verhältnis mit Lisa Marie. Zwei Wochen vor dem Shooting gab Michael mir ein VHS-Video mit der Bemerkung: „Das musst du dir ansehen.“ Als Dennis und ich das Video einlegten, sahen wir verwundert Bilder von Zigeunern, die ungezügelt vor einer von Eseln geführten Karawane her ritten. Ich kann nicht einmal sagen, um was es dort ging, weil es ein ausländischer Film ohne Untertitel war. Ich sah Dennis an: „Was zum Teufel ist das?“ Dennis schüttelte nur mit dem Kopf, und wir sahen uns wieder die Bilder im Fernseher an. Ok, da waren Esel, eine Horde Leute in Sackleinen gekleidet und dann… das war es. Die Zigeuner nahmen einen Pirat gefangen, zogen ihm seine blaue, mit Gold-Soutache verzierte Jacke aus, bevor sie sich aus dem Staub machten und den Pirat mit samt seiner Mannschaft im Dreck liegen ließen. Wir hatten verstanden. „Also Michael, möchtest du deine in Drossel-Ei blau ?“
„Nein Bush, meine sollte schwarz sein.“
Soutache ist ein schmales, dekoratives, flaches Band. Es überraschte uns nicht allzu sehr zu hören, dass es beim Militär benutzt wird, um den Rang zu kennzeichnen. In der Modewelt wird es üblicherweise benutzt, um Säume zu umfassen, aber auf unserer Jacke benutzen wir mehr Meter Soutache, als wir je zuvor an irgendeiner verzierten Jacke verwendet hatten – etwa 15-20 Meter goldumwickelte Baumwoll-Soutache und mehr Knöpfe denn je. Was diese Jacke so außergewöhnlich machte, war der Gebrauch eines seltenen Materials: mit 18 karätigem Gold umwickelte Soutache. Weil es unmöglich zu reinigen ist, teuer und kompliziert herzustellen, gibt es am Markt davon nicht viel. Die meiste Gold-Soutache ist antik, und wurde sicherlich vor Hundert oder mehr Jahren hergestellt. Der Mantel des Papsts ist eines der wenigen Kleidungsstücke von Heute, die immer noch mit Gold-Soutache verziert werden. Diese Jacke war aber auch deshalb atypisch, weil wir die Soutache auch auf der Rückseite benutzten, wobei normalerweise Michaels Jacken hinten keine Verzierungen hatten. 102 Metall-Kugel-Knöpfe schmückten die Vorderseite der Jacke, die von Baumwoll-Soutache bedeckt ist. Alle Husaren-Elemente auf der Vorderseite, der Rückseite, den Ärmeln, und Schultern sind mit Gold-Soutache umfasst. Michaels Armband ist aus Burgunder farbiger Seide und die Krönung ist ein mit Gold geschmückter Adler, der sich auf jedem Ärmel als Spitze niedergelassen hat.
Lilly
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Thema: Re: The King of Style So 3 Feb 2013 - 15:28
Kapitel Sechs Zeremonienmeister
Wenn du durch die Türen zum Studio gehst, um dich darauf vorzubereiten, zu filmen, wird an der Tür deine Identität geprüft. Ich war nicht länger Michael Bush. Ich war „Garderobe“. In diesem Business wirst du aufgrund deiner Stellenbeschreibung her zitiert. Wenn dein Job Haare sind, ruft jemand „Haare“, und wenn dein Job Make-up ist, dann wirst du einen weiteren Ruf nach „Make-up“ hören“! Und wie ein Hund auf eine Pfeife reagierst du. Es ist nichts Persönliches; es sind dort einfach zu viele Leute, um sich an die Namen zu erinnern, und die Drehtür des Studios macht es nahezu sinnlos zu versuchen sich an einen Namen zu erinnern. Aber mit Michael zu arbeiten war etwas anderes. 1991, ich war nun schon sechs Jahre bei ihm, zu der Zeit, als wir auf dem Set für den Black or White Kurzfilm waren, rief Michael „Garderobe!“, da hatte er sich selbst erwischt. Michael stand vor der grünen Leinwand, die Schienbeinschoner rutschten an seinen Beinen hinunter, und er hielt seine Hand vor den Mund. Als ich auf den Ruf reagierte und niederkniete, um seine Schoner zu befestigen, griff Michael nach meinem Arm, zutiefst beschämt bei dem Gedanken so unpersönlich gewesen zu sein und entschuldigte sich übermäßig, indem er sagte: „Es tut mir so leid, es tut mir so leid. Ich weiß deinen Namen, Bush. Ich habe es nicht so gemeint.“ Wir waren zu dieser Zeit sehr enge Freunde und Vertraute dank all der vielen Zeit, die wir zusammen gereist waren und die uns sehr persönliche Unterhaltungen ermöglichten, ebenso wie Michaels Verlangen, mir seine Gefühle über seine alltäglichen Aktivitäten und langfristigen Ziele mitzuteilen. Ich wusste, dass er es nicht so gemeint hatte und konnte nicht anders, als seine Bescheidenheit zu bewundern. Es ist nicht alltäglich über eine Person von Michaels Berühmtheit zu hören, die den Fokus von sich selbst weglenkt und diejenigen anerkennt, die ihm direkt oder indirekt dabei helfen, dass sein Leben funktioniert.
„Das ist okay, Michael. Von jetzt an rufen wir dich auf dem Set The Entertainer. ‚Ist Der Entertainer fertig? Garderobe für Den Entertainer!‘“ Michael kicherte und schenkte mir diese hochgezogene Augenbraue, die sagte: „Mann, du bist in Ordnung.“ Aber ich denke, innerlich mochte er den Gedanken „Der Entertainer“ genannt zu werden. Schließlich war er der vollendete Entertainer, ein Zeremonienmeister. Und nichts stellte dies besser unter Beweis als Michaels Tourneen.
Perfekter Performer
Michael war auf dem ersten Leg seiner Bad Tour im Jahr 1987, als ich den Job als sein Ankleider übernahm. Es hatte bereits einige Störungen bei der Garderobe mit einigen Teil von Bill Whitten gegeben, und ich beurteilte seine Bedürfnisse der Basis von Auftritt zu Auftritt. Zu behaupten Michael wäre ein Perfektionist gewesen ist eine Untertreibung. Er hatte mehrere Generalproben und nahm die ganze Zeit Korrekturen an seiner Garderobe, der Choreografie und dem Sound vor. Er sagte dann zu mir: „Ich weiß, was ich tue, aber ihr, Jungs, müsst auch wissen, was ihr tut und genauso abgestimmt sein wie ich.“ Michael lebte voll und ganz für den Live Auftritt und er wollte, dass nichts eine Show in Frage stellt. Wenn er live auftrat, konnte alles passieren; die Kostümprobe gab uns eine Möglichkeit sicherzustellen, dass der Kostümwechsel in Übereinstimmung mit dem Rhythmus der Show ablief und dass die Kleidungsstücke selbst funktionierten. Michael wusste, dass, wenn mein Team und ich nur einen Takt hinterher waren oder wenn ein Kleidungsstück auf dem Kleiderständer in der falschen Reihenfolge einsortiert war, es draußen die gesamte Show vermasseln würde. Und sogar wenn am Ende alles perfekt aufeinander abgestimmt war, gab es immer noch Unvorhersehbares. Während der Show mussten wir gegen Michael spielen. Auch wenn das Set dasselbe war, änderte er oft etwas auf der Grundlage des Feedbacks, das er vom Publikum erhielt.
Er war spontan, wenn es darum ging auf die Zurufe zu reagieren. Verschiedene Dinge setzten sein Adrenalin frei. Manchmal zerriss er sein Shirt. Andere Male hielt er eine Pose oder warf ein Kleidungsstück in die Menge. Er tanzte eventuell länger als üblich, wenn der Beat es ihm so vorgab. Oder, wenn das Publikum nicht auf etwas Bestimmtes, was er tat, reagierte, dann fand er einen Weg etwas Übertriebenes einzubauen wie sich auf den Boden fallen zu lassen und einen Schwächeanfall vorzutäuschen. Michael behauptete immer, dass „der Beat ihn tanzte“, dass er es letztlich nicht unter Kontrolle hatte, wenn die Musik ihn erst einmal bewegte. Wenn also der Beat ihm vorgab mit der Band hoch und runter zu springen oder quer über den Boden zu rutschen, dann war es das, was er tat. Und wir mussten dann in diesen Augenblicken angemessen reagieren.
Ein solches Mal fand während der Dangerous Tour statt. Bevor Michael überhaupt auf die Bühne kam, war das Publikum sehr unruhig. „Wir werden heute Abend den James Brown bringen,“ sagte Michael zu mir genau in dem Moment, bevor er zur Showeröffnung auf die Bühne ging. Ich hatte bis dahin noch nichts davon gehört, versuchte also sofort herauszufinden, was er mit diesem Rätsel meinte und an welcher Stelle der Show Michael etwas Unerwartetes einbauen würde. Michael war mitten in Man In The Mirror, als er plötzlich auf den Boden sank und auf dem Bauch lag. Er sang immer noch, aber nur wimmernd, und er drehte seinen Kopf und sah zu mir im Dunkel neben der Bühne herüber. Dann legte er seinen Kopf auf den Boden, wartete einige Sekunden und formte in meine Richtung mit dem Mund die Worte „Zwanzig Sekunden“.
Ist er okay? Was läuft falsch? Was im Himmel soll ich machen?
Wie immer der Gedankenleser, sah Michael zu mir und gab mir ein Zeichen mit der Hand. Dann klickte es bei mir. James Brown war bekannt für seine kleinen Einsätze der Erschöpfung, bei denen er auf den Boden fiel, weil er so sehr getanzt hatte, dass er es einfach nicht mehr aushielt. Dies musste „der James Brown“ gewesen sein, den mir Michael vorher an den Kopf geworfen hatte. Ich entnahm seiner Handgeste, dass er wollte, dass ich ihn wieder hochziehen sollte, also zog ich los und zog ihn hoch. „Was machst du hier draußen? Du bringst meine Show durcheinander“, flüsterte Michael.
Ich machte mir fast in die Hose.
Während Michael Tausenden von Menschen eine Show lieferte, bespaßte er sich selbst damit, mich verlegen zu machen, was mich immer zum Lachen brachte, nachdem ich den ersten Schreck überwunden hatte.
Michael liebte es, das Publikum zu hören, woran er abmaß, was funktionierte und was nicht und wovon es mehr wollte. Es war nicht ungewöhnlich für Michael eine Show in einem Stadion für 120.000 Menschen, manchmal 180.000 Menschen, abzuhalten und ihre Energie in sich aufzunehmen; wodurch er sich tagelang auftankte. Wenn wir nicht direkt aufeinanderfolgende Shows machten, kam es vor, dass ich Michael manchmal ein oder zwei Tage nicht sah und er mir gestand: „Bush, ich habe immer noch nicht geschlafen.“
Michael war eine Maschine, und Maschinen haben Pannen, obwohl wir Vorkehrungen trafen ihn gesund zu halten. Beispielsweise waren Flüge immer ein Risiko, denn es bestand das Risiko krank zu werden: Er kam durch die Menschen in Asien auf die Idee, seinen Mund mit einer Maske zu bedecken. Dort schützt man sich auf diese Weise gegen Viren. Dann dachte Michael: Warum soll ich nur eine ganz einfache tragen? Michael Jackson trug nicht einfach nur eine Chirurgenmaske; er musste sie in ein modisches Accessoire verwandeln. Wir kauften eine Chirurgenmaske, nahmen davon ein Schnittmuster, um so Michaels Seidenmasken in Schwarz und verlässlich schmückenden Farben herzustellen. Nach einiger Zeit, denke ich, fühlte sich Michael hinter der Maske sicher, also entwickelte sich ihre Funktion und wurde eher zu einem Schutzschild.
Wir nahmen immer öffentliche Flüge und saßen in der First oder Business Class. Michael hatte Angst vor dem Fliegen, und er mochte es, die Zeit damit zu verbringen, sich mit seinem Team zu unterhalten, um sich von dem Gedanken an die Höhe abzulenken. Manchmal spazierte er sogar durch die Gänge des Flugzeuges, um sich darin zu üben und mitfliegende Passagiere zu begrüßen. Michael flog nicht mit Privatjets, denn er hatte die Vorstellung, dass „je größer das Flugzeug, desto weniger Turbulenzen“ zu spüren seien. Und ein großes Flugzeug war bequemer und erlaubte ihm aufzustehen und sich überall in der Kabine zu bewegen oder zu strecken. Das Essen, die Atmosphäre, die Kissen waren an jedem Ort anders. Wir mussten so sorgfältig und achtsam sein, diese Dinge zu steuern, wenigstens die, die wir kontrollieren konnten. Also nahmen wir seine gemütlichen Kissen mit, stellten sicher, dass immer genug Wasser wie für ein Kamel da war und brachten ihn zum Lachen.
Michael trank gallonenweise Wasser. Bevor Michael in einem Hotel eintraf, musste durch die Mitarbeiter sichergestellt werden, dass sich dort fünf bis zehn Kästen Evian befanden, je nachdem wie lange sein Aufenthalt dauerte. Als wir während der Bad Tour in Schweden waren, lieferten die Hotelmitarbeiter das Evian auf das Zimmer und stellten die Flaschen auf die Abstellflächen rund um die Badewanne, weil in ihrer Vorstellung niemand so viel Wasser benötigen konnte, außer diese Person würde darin baden. Und so kam es zu dem Gerücht, Michael würde nur in Evian Wasser baden.
Michael, die Maschine, kannte nur einen Modus. Es war dieselbe Geschichte, wie wenn Michael aufnahm – war er einmal in einem bestimmten Modus, dann gab es nur diesen einen. Wenn er schlafen konnte, dann konnte dies auf dem Boden oder auf der Couch im Studio sein, die ich so aufgeräumt wie möglich hielt, trotz der Tatsache, dass Michael seine Kleidung überall verstreute. Ich suchte zwischen den Sofakissen und hinter den Möbeln, um alle Teile aufzusammeln für den Fall, dass jemand zu Besuch kommen würde. „Ich schreibe, ich singe, ich nehme auf“, sagte er, wenn ihn jemand zum Essen oder zu sich nach Hause einlud oder ihn fragte, ob er an einem Event teilnehmen wollte. Er war ein Workaholic. Aber das war das, was ihn glücklich machte, und es war offensichtlich, dass er Spaß bei der „Arbeit“ hatte, denn manchmal bekam ich einen Scherzanruf um 3 Uhr morgens.
„Weißt du, wer hier ist?“ fragte mich ein gedämpfter, britischer Akzent. „Ja, das bist du, Michael, du sprichst durch eine Papprolle vom Küchenkrepp.“
Click.
Und nebenbei gesagt, Michael war ein meisterhafter Stimmenimitator. Wenn wir tourten führte er die Klangtechniker, die Tänzer, die Fahrer an der Nase herum, hatte zwanzigminütige Unterhaltungen mit ihnen, bis sie heraus bekamen, dass er es war. Er fand, dies war eine der aufregendsten, komischsten Dinge der Welt. Und ich muss zustimmen, es war ziemlich lustig.
Aber es war alles Teil der Magie, der Rausch des Entertainers.
CTE.
„Lassen sie zu, dass du ihn anfasst?“ fragten mich oft Leute aus dem Business. Und ich erzählte ihnen dann, natürlich tun „sie“ das, aber jedes Mal, wenn ich das sagte, war die Reaktion Schock und Ehrfurcht. „Wow, du hast Michael Jackson berührt.“ Aber dann sahen die Fans mich wirklich, wie ich ihm auf der Bühne seine Jacke abnahm, sie über meine Schulter warf und ihm die nächste anzog. Es machte Michael etwas gewöhnlicher, wie einen von uns.
Michael Jackson auf einer Tour anzukleiden erforderte sehr viel mehr als ihm nur die Schuhe über die Füße zu ziehen. Vor einer Show begleitete ich ihn im Auto zum Veranstaltungsort, dann zog ich ihn an und stand ihm grundsätzlich für zweieinhalb Stunden zur Verfügung. Nachdem ich ihm ein Handtuch und eine Wasserflasche gegeben habe, war ich ihm dabei behilflich zurück zum Auto zu gelangen. Seine Kleidung war immer völlig durchnässt nach einer Show. Er legte so viel in jede Show hinein, weil er wollte, dass es die eine war, die einzige, die verblüffendste Show der Welt. Aus Respekt vor den Fans musste es „das Äußerste“ sein. Und so musste auch meine eigene Arbeit mit ihm während der Touren sein. Alles, was ich in Bezug auf seine Kleidung für die Auftritte zu tun hatte, musste perfekt sein.
Sein eigener schlimmster Kritiker
Zurück im Hotel half ich ihm dann aus seiner klitschnassen Kleidung und erlebte seinen Prozess der Entspannung und des Herunterkommens, wozu immer ein Bad gehörte. Während er sich ins Badezimmer verabschiedete, ging ich die enormen Mengen an Geschenken durch, die er von den Fans und Geschäftsleuten erhalten hatte. Teddybären, Kisten mit Champagner, ein Meer von Ölgemälden und Statuen. Er erhielt sogar das Kostüm eines Stierkämpfers aus Spanien. Wenn er in der entsprechenden Stimmung war, führte Michael manchmal einen kleinen Smalltalk mit mir durch die Tür und fragte: „Bush, hattest du Gelegenheit dir einige Museen anzusehen? Oder dich mit Freunden zu treffen?“ Er wollte immer sichergehen, dass ich auch meinen Spaß hatte.
Nachdem Michael gebadet hatte, zog er seinen Baumwollpyjama an, der entweder in einem Geschäft gekauft oder von Dennis und mir angefertigt worden war, und dann brachte der Koch sein Essen, das er aber nicht aß, denn er war der schlechteste Esser der Welt – sein Adrenalin machte ihn verrückt, und er hatte deswegen keinen Appetit. Dann steckten wir die Aufnahme der Show, die wir gerade beendet hatten, in das Abspielgerät und Michael begann mit seiner Überprüfung, fast sofort bemerkte er jedes noch so minutiöse Detail der Unvollkommenheit: „Was läuft da falsch? Die Lichter sind nicht genau richtig. Was ist da passiert? Was habe ich verkehrt gemacht? Warum reagiert die Kleidung so?“
Während der Wiedergabe einer der ersten Tokyo Shows auf der Bad Tour hörte Michael ein kratzendes Geräusch während Billie Jean. „Hör auf dieses Geräusch“, sagte er und drückte die Wiederholungstaste. „Wo kommt das her?“ Und dann hörte ich es auch. Kratzen. Michael gab mir den Auftrag herauszufinden, was das Problem war, und so beobachtete ich, wie Michael in schwarzen Hosen, einer bestickten Jacke und dem weißen Handschuh quer über die Bühne stolzierte. Er hatte zu der Zeit ein Mikrophon in der Hand, also mussten es die Kristallsteine auf dem Handschuh sein, die gegen das Mikro scheuerten, entschied ich, und schnitt die Steine auf der Handflächenseite des Handschuhs ab. Michael wollte immer massive Stickereien, aber für eine Show opferte er seinen Sternenstaub, um ein perfektes Konzert sicherzustellen. Von da an hatte Michael also zwei Billie Jean Handschuhe: einen Performance Handschuh mit Icing nur auf der exponierten Seite der Hand und einen Fotohandschuh – dreidimensionale Perfektion.
So abgestimmt war Michael auf den Klang. „Du musst das in Ordnung bringen“ oder dies oder jenes spulte er wie eine Schallplatte, die einen Sprung hatte, immer wieder nach dem Anschauen der gerade gelaufenen Show ab. Er sagte dies nachdenklich und fordernd in seinem für gewöhnlich ausgeglichenen und ruhigen Ton. Ich war der nicht der Einzige, der in seine nicht enden wollenden Forderungen nach Perfektion involviert war. „Der Gitarrist sollte zwei Schritte hinter mir sein“, bemerkte Michael. „Sieh her, ich habe einen Gitarrengriff genau hinter meinem Kopf. Er muss da rübergehen. Das ist mein Licht.“ So visuell war Michael. Alle seine Sinne waren mit dabei in dem Bestreben sein Publikum zu fesseln. Alles sollte perfekt sein. Das war einer seiner größten Dämonen.
Die Realitäten unterwegs
Zu lernen, wie man Kostüme so herstellt, dass sie funktionieren, wurde zu einer täglichen Entdeckungsreise, besonders während meiner ersten Bad Tour. Die Dinge konnten sich als fade herausstellen und möglicherweise eine Show ruinieren, so dass ich lernen musste, jedes Detail unter die Lupe zu nehmen. Während einer Generalprobe zum Beispiel vermaß ich Michael buchstäblich nach jeder Nummer, um zu überprüfen, wie viele Inches seines Umfanges er an jedem Punkt seiner Show durch den Wasserverlust verloren hatte. Michael hatte normalerweise eine 28-Inch-Hüfte/Taille, aber in der Mitte der Show, dann wenn er bereit war für den Magic Act erster Wahl, genau vor Beat It, hatte er bereits fünf Pfund an Wasser verloren, und seine Taille fiel zurück auf 27 ¼. Seine Kleidung musste ganz genau passen, andernfalls würde sie herunterrutschen, was bedeutete, dass ich darauf vorbereitet sein musste, während der Show Änderungen vornehmen zu müssen. Michael hatte absolut keine Hüften. Er war gerade wie ein Brett, wenn wir also keine Kleidungsstücke auf der Stange hatten, die zunehmend schmaler wurden, riskierten wir, dass wir ihm eine Hose anzogen, die ihm mit jeder rhythmischen Bewegung seines Körpers etwas mehr auf die Knöchel rutschte. Und darin liegt bestimmt keine Magie! Kristallsteine auf Michaels Kostümen mussten auf jeder Seite genau gleich verteilt sein. Das war Physik. Wenn Michael sich drehte, dann drehte er sich so sehr, dass, wenn ein Ärmel schwerer als der andere war, ihn die Schwungkraft aus dem Gleichgewicht brachte, was eine suboptimale Drehung zur Folge hatte – und Unvollkommenheit war für Michael nicht akzeptabel.
Dann musste ich mir aneignen, Michael im Dunkeln anzukleiden. Vor der Dangerous Tour beendete Michael einen Song und wechselte während des Applaus‘ seine Kleidung in einem Umkleideraum hinter der Bühne. Anders als andere Künstler lehnte Michael es ab, dass in der Zwischenzeit Musik gespielt würde. Er ließ lediglich zu, dass der Applaus weiter ging, bis er fertig war mit dem Umziehen. Wenn der Beat ihn mitten auf der Bühne ergriffen hatte und er musste zum Umziehen von der Bühne laufen, dann verloren wir wertvolle Sekunden, die sich wie Minuten und Stunden anfühlten.
Aber während der Dangerous Tour dachte er darüber nach und sagte zu mir: „Warte eine Minute, wenn ich in diesem Umkleideraum bin, dann verpasse ich, was hier draußen mit dem Publikum passiert. Ich versäume es. Bush, du musst herauskommen und meine Kleidung wechseln.“ „Michael, ich habe ein großartiges Gesicht für’s Radio, aber ich bin kein Bühnenmensch“, protestierte ich.
Er lachte nicht. „Bush, wenn ich dich herauskommen lasse, und ich bin im Scheinwerferlicht und du im Dunkeln, dann werden sie dich niemals bemerken. Und dann rennst du einfach weg. Simsalabim! Ich bin umgezogen, und das ist magisch.“
Die nächste Sache also, die ich noch weiß, ist, dass ich eine Show später am Rand des Scheinwerferlichts stand und Michael in seine Motown Medley Jacke half. Solange wir im Dunkeln standen, dachte ich, würde es für mich okay sein. Ich hatte Lampenfieber seit ich mich erinnern kann und Sprechen in der Öffentlichkeit ist nicht gerade meine Stärke, aber es war gar keine Zeit, darüber nachzudenken. Ich kam heraus, bewaffnet mit allem von dem ich dachte, Michael könnte es brauchen. Hinten im Umkleideraum hatte ich ein Arsenal an lebensnotwendigen Gütern auf meinem Ankleidetisch – Handtuch, Wasser, Nähzeug, Haargummis – aber nun hatte ich nur eine Möglichkeit, sicherzustellen, dass ich alles dabeihatte. Ich hatte die nächste Jacke in meiner Hand, ein Handtuch in meinem Mund, um seinen Schweiß abzuwischen und Nähzeug in meiner Gesäßtasche. Dann trat Michael einen Schritt heraus aus dem Scheinwerferlicht und sagte: „Ladies and Gentleman, Michael Bush!“ Und er fiel fast auf den Boden und krümmte sich vor Lachen.
Nach der Show war ich nicht gerade glücklich und je mehr ich seinen Versuchen zur Unterhaltung auswich, desto lustiger wurde der ganze Spaß für ihn, bis es mehr als ein Spaß wurde und er entschied: „Du wirst jetzt Teil meiner Show, Bush.“ Denn für Michael konnte auch das Wechseln der Kleidung zur Show werden. Er hatte diese Art eine Jacke anzuziehen. Er streckte seine steifen Arme leicht hinter sich gerade in Richtung Boden, beugte sich zurück und hielt das Kinn hoch. Er hatte diese Magie an sich, nur für dich zu performen, sogar während er seine Jacke wechselte. Danach kam ich oft auf die Bühne und begann auf diese Art eine Verbindung zu den Fans aufzubauen, denn sie sahen nun, dass ich ihn wirklich berührte – und ich nehme an, das verlieh mir stellvertretend etwas von Michaels außerordentlicher Verbindung mit ihnen.
Aber sogar in der Nähe des Scheinwerferlichts stand ich außerhalb davon, so dass ich die Kleidungsstücke ausrüsten musste, damit ich sie im Dunkel sehen konnte. Die grundsätzliche Art, dies zu erreichen, ist, ein weißes Futter einzunähen, so dass alles, was Michael in der rabenschwarzen Umgebung zu tun hatte, seine Arme nach hinten zu halten, und die Jacke würde einfach über ihn gleiten. Er musste sich nicht abmühen, die Öffnung zu finden, und dieses nahtlose Ankleiden und Umziehen ohne Hinzugucken und die Kleidung anzufassen kam zum Mysterium Michael noch dazu.
Dann war da noch die Sache mit dem Öffnen der Reißverschlüsse im Dunkeln. Da ist ganz sicher keine Magie dabei, an einem Reißverschluss herumzufummeln, also fügten wir eine Reißverschlussmarkierung hinzu – ein kleines Stück Leder, dass etwa ein Inch lang vom Reißverschlussanhänger herunterhing. Michael liebte es so sehr, weil es lang genug war, sich von selbst zu bewegen, wenn er ging. Alles, was sich bewegte, war lebendig, und das erfreute Michael. Er bat uns, diese Reißverschlussmarkierungen auch an seine Alltagskleidung anzubringen. Er quetschte sie, drehte sie, zog an ihnen und die Angewohnheit wurde ein Teil seiner Zip-Zip, Chew-Chew Nummer (Anm.: geräuschvolles Reißverschluss-auf-und-zuziehen und dabei ebenso geräuschvoll Kaugummikauen). Etwas so Einfaches gab ihm das Gefühl, dass er etwas hatte, was einzig und allein für ihn an seiner Kleidung war, ein Detail, das niemand sonst bemerkte, von dem niemand wusste.
Michael musste ein Mal während seiner Show von der Bühne gehen, um seine Hosen zu wechseln. Er begann die Show in schwarzen Spandex-Hosen, aber in der Mitte musste er seine Billie Jean Baggies und bestickten Socken anziehen. Manchmal hatten wir kontrastierende goldfarbene oder weiße Velcrostreifen an der Seite seiner Billie Jean Hose, so dass wir diese einfach abreißen und es so aussehen lassen konnten, als würde er eigentlich drei Hosen statt zwei während der Show tragen. Die Requisiten wurden genauso wichtig für die Garderobe wie das Kostümieren selbst. Und weil Michaels Show so vielschichtig und vielseitig war, mussten Dennis und ich Showkleidung entwerfen, die nicht versagen durfte, während sie die Illusion von Michaels Magie ermöglichte.
Der magische Anzug The Magic Suit
Jeder, der Michael Jackson in einem Konzert auf seiner Solotour erleben durfte, weiß, dass er einen magischen Akt, einen Akt des Verschwindens in jede Show einbaute. Die magische Nummer tauchte in der Mitte der Show auf, immer genau vor Beat It, wofür er jedes Mal stürmischen Beifall erntete. Diese magische Einlage diente dazu, Michael in sein Beat It Outfit zu befördern, ohne dass er seine Garderobe wechseln musste. Wir mussten sein Outfit übereinander schichten, so dass er darunter seine Billy Jean Hosen und sein weißes T-Shirt tragen konnte, was gleichzeitig als Beat It Outfit diente, ganz gleich, was er während der vorherigen Songs darüber trug. Die Art, dies zu erreichen, war, einen Anzug anzufertigen, den man auseinander reißen konnte, und weil er ihn immer vor und während seiner Zaubernummer trug, wurde er The Magic Suit / Der magische Anzug getauft.
Der Magic Suit umfasste mehrere Teile, die statt durch Nähte durch Velcro (Klettverschluss) zusammengehalten wurden, ohne dass ein Zuschauer das geahnt hätte. Die vielen Teile trafen auf der Mitte der Vorderseite zusammen und erzeugten somit den Eindruck einer Jacke, die zu einer Hose getragen wurde, im Grunde genommen aber war es ein Overall. Jedes Velcroteil und jede Naht war Teil dieses ungewöhnlichen Einfalls, also war alles, was ich tun musste, Michael in den Nacken zu greifen und zu ziehen und violà, das gesamte Outfit fiel herunter.
Nach jeder Anfertigung eines Magic Suit machten Dennis und ich einen Test damit. Eine Zeit lang hatten Michael und ich dieselbe Größe, also zog ich den Anzug an und Dennis riss ihn von hinten herunter. Funktionierte es? Viele Male tat es das nicht. Ich streckte mich, lehnte mich nach vorne, trat so hoch wie möglich, verdrehte meinen Körper auf Arten, die ich nie für möglich gehalten hatte, nur um zu sehen, ob eine Naht aufreißen würde, was viele Male der Fall war. Und diese Vorgehensweise half uns zu herauszufinden, wo das Problem lag. Das Velcro war möglicherweise zu dick in der Mitte oder nicht dick genug an der Seite. Wir mussten prüfen: Wird es an dieser Stelle halten, wenn Michael sein Bein beugt, oder wird das Velcro auseinandergehen und die Kleidung sichtbar machen, die er darunter trägt? Wo sind die Belastungspunkte? Wird es auseinanderreißen, wenn er sich hinunter beugt, um die Hand eines Fans zu schütteln oder über den Bühnenboden rutscht? Hier also gab ich mein Bestes als Michael Jackson Imitator, während Dennis zog und schob, die Velcronähte genau beobachtete und die Zeit mit einer Stoppuhr nahm, um zu messen, wie schnell der Anzug auseinander riss.
Und dann machten wir das Ganze noch mal im Dunkeln. Und dann im Dunkeln während wir rannten, denn während einer Show, da kam es drauf an und das war es, was wir tun mussten, als wir den Anzug herunterziehen und Michael seine Beat It Jacke anziehen mussten.
Michael performte Working Day and Night aus Off the Wall genau vor dem magischen Akt. Unter dem Magic Suit, der abhängig von der Show variierte (denn es nahm einige Zeit in Anspruch, all die Velcroteile wieder zusammen zu stecken), trug Michael seine hochgerollte Billie Jean Hose und ein weißes T-Shirt.
Für die Nummer des Verschwindens während der Dangerous Tour, brachte Michael David Copperfield ins Spiel (manchmal auch Siegfried and Roy), um ihm dabei behilflich zu sein, die Täuschung durchzuführen. Und der Magic Suit war Teil der Strategie. Wie konnte Michael auf der einen Seite der Bühne sein und etwas tragen, das wie ein Paar weiße und blaue Nylonhosen mit einer passenden blauen Jacke schien und schon Sekunden später auf der entgegengesetzten Bühnenseite wieder auftauchen und einen schwarzen Windmantel tragen, bereit das Publikum mit Beat It fertig zu machen? Jeder auf der Tour musste eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben, die besagte, dass wir nicht die Geheimnisse verraten würden, in die wir nun eingeweiht waren.
Es ist nur fair zu sagen, dass Beleuchtung und Explosionen die besten Freunde eines Illusionisten sind. Auf der Bad Tour stieg Michael einige Stufen hinunter, die zu einem Weg unter der Bühne führten. Sobald er den Boden erreicht hatte, musste Michael durch die Dunkelheit zur anderen Seite der Bühne lossprinten, während ich hinter ihm her rannte, um Rohre und Metallgitter herum, während ich an seinem Nacken zog, den auseinandergerissenen Anzug hinter mir lassend. Auf der anderen Seite angekommen rollten wir die Säume seiner Billie Jean Hose herunter, warfen ihm seine Beat It Jacke und den Windmantel über und stellten ihn auf die Cherry Picker Plattform, die ihn hoch über den Bühnenboden auf die andere Seite des Stadions hob … das Ganze in mal eben elf Sekunden.
Wenn ich Zeit dazu gehabt hätte, wäre ich ausgeflippt. Es gab nicht immer die Gelegenheit, diese magische Nummer in jeder Stadt der Tour zu proben – 123 Shows in sechzehn Monaten durch fünfzehn Länder. Und sogar wenn die Infrastruktur des Veranstaltungsortes überraschend war, blieb ich irgendwie konzentriert. Ich musste es einfach. Ich wusste, dass ich Michael bei einem bestimmten Beat an einem ganz bestimmten Ort unter dieser Bühne haben musste. Wenn ich das nicht schaffte, war alles total verkorkst. Michaels Magie musste perfekt sein. Wenn die Lichter angingen und es gab kein „Ta-da“, dann gab es von da kein Zurück mehr. Es hätte Michaels Vorstellung von Magie zerstört.
Ein Mal verpassten wir den Einsatz. Immer wenn Michael und ich uns in einer sehr angestrengten Situation befanden, verfielen wir in unkontrollierbare Lachkrämpfe, wenn wir uns nur den kleinsten Blick zuwarfen, also war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir uns während dieser Nummer nicht ansahen. Wegen der Dunkelheit unter der Bühne, dachte ich, es wäre hilfreich für mich, eine von diesen Fahrradlampen aufzusetzen, die man am Kopf befestigen kann, so dass ich etwas von dem so nötigen Licht bereitstellen konnte, während ich trotzdem die Hände frei hatte. Nun, in dem Moment, in dem Michael unterhalb der riesigen Bühne auftauchte, warf er einen Blick auf mich und sagte: „Ich wusste nicht, dass Doc von den Sieben Zwergen jetzt hier arbeitet.“
Nun, das war mehr als genug für uns, das Ta-da zu verpassen. Michael gackerte in sein Mikrophon, das an seinem Revers befestigt war, bis wir ihn auf den Cherry Picker hochhoben, und dann war wieder Showtime.
„Mach das nie wieder mit mir, Bush!“ warnte Michael mich, während er auf dem Rücksitz des Autos auf der Rückfahrt zum Hotel immer noch lachen musste. Es war offensichtlich, dass sogar Perfektion ab und zu eine kleine Dosis Humor aushalten konnte.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Sa 9 Feb 2013 - 20:25
Kapitel sieben
Das Nächste
Regelmäßig und ohne Vorwarnung rief Michael mich an, und fragte, ob ich sofort zur Neverland Ranch kommen könne, um Dinge zu besprechen. Ich fuhr 3 Stunden von meinem Haus in Los Angeles, manchmal, um konkrete Instruktionen zu erhalten, manchmal, um nur eine kryptische, rhetorische Frage gestellt zu bekommen.
Michael bevorzugte direkte Treffen, denn sie gaben ihm die Möglichkeit, die Leute "zu lesen". Er besaß eine scharfe emotionale Intelligenz, die es ihm ermöglichte Körpersprache und Gesichtsmimik zu interpretieren. Wenn er dich ansah, konnte er sagen, ob du gelangweilt, mit der Sache beschäftigt oder von einer Idee begeistert warst. Am Telefon konnte er nicht feststellen, ob du mit anderem beschäftigt warst, oder zu seinen neusten Vorschlägen die Augen rolltest, und das mochte er nicht. Wenn er mit dir Blickkontakt hatte, wusste er, dass deine Aufmerksamkeit ungeteilt war und er konnte das Gespräch besser kontrollieren. Michael war auch sehr auf die Wahrung seiner Privatsphäre bedacht. Zu den seltenen Gelegenheiten wo wir Gespräche am Telefon führten, begann er den Anruf mit "Hört man mich über Lautsprecher?" oder "Wer ist gerade bei dir?" Ich vermutete, bedingt dadurch, dass er eine so große Familie hatte, Michael nie viel Privatleben hatte und es deshalb so herbeisehnte.
Egal was, ich fuhr beschwingt zur Neverland Ranch, angetrieben von dem Gedanken "was kommt jetzt?"
1990 verlieh Präsident G.W. Bush Michael den Titel Entertainer Of The Decade, und die Ehrung wurde begleitet durch eine Preisverleihungs-Zeremonie durch die American Cinema Awards. Kurz danach, bei einem meiner Besuche der Neverland Ranch, war ich mit Michael in seiner Bücherei und wir sahen uns ein Buch an, was er aus seiner ausgedehnten Sammlung von Büchern über Geschichte, Philosophie und Kunstbüchern herausgesucht hatte. Darin, auf einer Hochglanzseite, gab es ein Foto der königlichen Staatskrone von England - ein Teil der Kronjuwelen von England. Die kunstvoll verzierte Krone, die nur von der Königin getragen wird, blendet mit den wertvollsten Steinen. Michael sprach weiter mit mir, hatte aber seine Nase immer noch in dem Buch. Es war Zeit für ein angemessenes Stück, um diesen Meilenstein zu feiern.
Nicht lange danach stiegen ich und Dennis in ein Flugzeug nach London, um einen genauen Blick auf die Kronjuwelen zu werfen, die Im Jewel House im Tower von London zu sehen waren. Heute hätte man einfach das Internet benützen können, um die Krone zu sehen, aber ich denke, Michael hätte uns trotzdem hingeschickt. Es war ihm wichtig, dass wir Spaß hatten und uns voll einbezogen fühlten in den Prozess. Von den Ansichten, Geräuschen und der Kultur Englands inspiriert zu werden, war dafür essentiell. Leider waren die Ansichten, Geräusche und die Kultur nur so unmittelbar, wie wir bei dieser Reise an die Kronjuwelen herankamen. Als wir im Jewel House ankamen, stand an der kugelsicheren Scheibe, wo sie sein sollten, ein kleiner Vermerk: "Für zwei Wochen nicht ausgestellt". Wir schnappten einen Moment nach Luft, wegen so einem Pech, aber es gab keinen Grund zur Panik. Wir zogen durch London und kauften jedes Buch und sahen uns andere Juwelen in Museen an. Zur zusätzlichen Inspiration hatten wir auch den Blick auf den Buckingham Palast, vom Fenster unseres Zimmers im Hilton, von wo aus man einen Blick über den Hyde Park hatte.
Dennis begann, auf einem gelben Notizblock zu zeichnen, weil es das war, was er gerade zur Hand hatte. Für Dennis war jedes Papier, auf das man zeichnen konnte, wertvoll, er war in Sachen Papier nicht wählerisch. Mit seinem Nr.2 Bleistift begann er Imperial State Crown aus einem Buch ab zu skizzieren. Aber sein Talent lag nicht im Designen, es lag in der technischen Umsetzung - darin, alles für Michaels Körper passend zu machen. Dennis wusste, er könnte eine erstaunliche Replik der State Crown herstellen, aber könnte Michael sie auch tragen? Das war sein Anliegen. Deshalb war Dennis in erster Linie bestrebt, die Größe der Juwelen anzupassen, denn wenn Michael diese Krone tragen sollte, mussten die verwendeten Juwelen skaliert werden, damit sie auf Michaels Kopf passten, anstatt auf den der Queen.
Anhand von Michaels Maßen gestaltete Dennis unter Einbeziehung von mathematischen Größenverhältnissen. Als wir wieder zuhause waren, begann sein Lieblingsteil des Prozess: der Teil, in dem er die Materialien mit seinen Händen berühren konnte. Für Dennis übertraf die Freude, wirklich etwas herzustellen, bei weitem die Freude an der Recherche oder der Konzeption.
Das Erste, was Dennis machte, als wir zurück in LA waren, war löten zu lernen. Mit Hilfe von Büchern und der Methode „Versuch und Irrtum“, brachte er sich bei, wie man lötet und Metall sandstrahlt, so wie ein Juwelier es tun würde, um eine Krone aus Sterlingsilber herzustellen. Er platzierte falsche Steine und Perlen dorthin, wo bei den echten Kronjuwelen die Rubine, Saphire und Diamanten waren. Vorne in der Mitte der State Crown Of England befindet sich der „Star Of Afrika“ und Dennis setze an diese Stelle, als persönliches Zeichen Michaels, sein sandgestrahltes „Dancing Feet“ Logo.
Dennis brauchte 6 Wochen nonstop, um dieses Teil herzustellen. Als es an der Zeit war, es Michael zu geben, hielt er sich in seiner Wohnung im Wilshire Corridor/Westwood auf. Michael begrüßte uns in seiner nachlässigen Aufmachung und in Slippern, und obwohl er äußerlich ganz entspannt wirkte, sagte uns die Geschwindigkeit, mit der er sprach, dass er diesem Moment entgegengesehen hatte, seit dem Tag, da er uns damit beauftragte.
"Bush, zeig es mir nicht einfach so. Mach ein Show daraus." Darauf waren wir vorbereitet. Wir gaben Michael nie etwas, "einfach nur so"; wir präsentierten es. Die Show fand auf einer roten Samtdecke statt, die über seinen Esstisch gelegt wurde. Die Krone platzierten wir auf einem roten Samtkissen und deckten sie mit einem Tuch aus weißem Satin ab. Dann kam die große Enthüllung. Die Ehre der Enthüllung war an Dennis, und wir alle drei standen ehrfürchtig darum und bewunderten, was wir kreiert hatten.
Michael sagte nichts. Alles was er tun konnte, war zu Klatschen. Dennis wurde in dem Moment verdientermaßen gefeiert. Wir fragten Michael, ob er die Krone aufsetzen wollte, aber er sagte, es sei nicht der richtige Zeitpunkt. Michael begleitete uns hinaus, und sobald wir im Flur waren hörten wir, dass sich die Tür schnell schloss und das Sicherheitsschloss einrastete. "Du weißt, dieses Teil ist jetzt schon auf seinem Kopf", sagte ich zu Dennis. Und Michael bestätigte mir später, dass ich Recht hatte.
Als Dennis und ich damit begannen, Dinge von Michaels Wunschliste zu kreieren, die weit über seine Kleidung hinausging, bewunderten wir, wie er darauf achtete, Vorkommnisse seines Lebens zu würdigen. Auch wenn es nicht keine Krönung war, war "Entertainer Of The Decade" dennoch eine Leistung, und eine, für die Michael unserer Hilfe in Anspruch nahm, um sie zu würdigen, so wie er es auch oft zu anderen Gelegenheiten und aus anderen Gründen ob groß oder klein - tat. Durch dieses Verhalten, lehrte er uns, dass es in Ordnung war, sich selbst zu feiern. Michael war demütig, aber Demut ist nicht das Gegenteil davon, um die Wichtigkeit zu wissen, sich an wichtige Ereignisse/Leistungen zu erinnern. Denn so toll sich Errungenschaften auch in dem Moment, wo sie passieren anfühlen, sind diese Augenblicke doch flüchtig. Michael hielt die Magie dieser Momente fest, und die Krone war einer seiner Tricks, um das zu erreichen.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Sa 9 Feb 2013 - 20:27
Eine englische Tradition kommt auf die Straße
Der Prozess, für Michael zu designen, lief oft mit Hilfe des Ausschluss-Verfahrens ab: Was hat er noch NICHT getragen. Was haben wir noch NICHT getan? Und als Michaels Interesse an britischer Heredität und Rebellion noch markanter wurde, mussten wir auch dieses bei unserem nächsten großen Design-Projekt berücksichtigen. Als unsere unermüdliche Suche mich und Dennis zum Besuch von „Fencing Academies“ führte – und ich meine damit nicht „Maschendrahtzaun Fabriken“, (Wortspiel – weil „Fence“ Fechten und Zaun bedeutet…) ich spreche über die Fechtkunst der Renaissance, weil dieser Fechtsport sowohl Romantik, als auch flüssige und kantige Bewegung beinhaltet. In Fechtschulen in LA studierten wir für drei Tage die Körperbewegungen der Schüler, während des Trainings und während Kämpfen. Fechten bot sich uns dar, als eine intensive Arbeit mit den Armen, kombiniert mit beeindruckender Fußarbeit und ruckartigen Bewegungen, was sich nahtlos auf Michaels Tanzstil übertragen lies. Und ein zusätzliches Plus: Fechten ist ein alter englischer Sport und passte gut zu Michaels Passion für alles Britische. Wir kauften also einen original Fechtanzug aus weißem Leinen und schickten uns an, etwas Historisches, Traditionsreiches und in Ehren gehaltenes in „Streetwear“ umzuwandeln. Michael würde diesen Look zum ersten Mal anlässlich des Sony-Publicity-Shootings mit dem renommierten Fotografen Herb Ritts zeigen. Die traditionelle Fechtuniform wird nicht vorne in der Mitte des Körpers geschlossen. Die Knopfleiste befindet sich seitlich und ist mit einer Lasche bedeckt. Der obere Teil der Uniform wird bis oben hin geschlossen, um den gesamten Oberkörper und den Hals zu schützen. Im Schritt wird die Uniform mit einem Band justiert, und sie wird über hochgeschnittenen, weißen Leinenhosen getragen. Die Hosenbeine enden direkt unterhalb der Knie, (dieser Stil nennt sich „Capri-Hosen“) und werden ergänzt durch lange, weiße Strümpfe. Sich von dem traditionellen weiß abzuwenden, wäre rebellisch – deshalb machten wir unsere Uniform aus schwarzem Leder. Unsere Interpretation des Fechtanzugs konnte bis oben hin zugeknöpft werden, aber für das kleine Extra an Rebellion integrierten wir eine Art Stoffklappe, die aufgeklappt einen Blick auf Michaels eingerissenes weißes T-shirt ermöglichen würde. Michael mochte diese Klappe, weil sie sich bewegte. Wenn er aggressiv ging oder tanzte, flatterte das Material synchron dazu. Als letzten Schliff fügten wir noch unsere eigenen Veränderungen hinzu, indem wir die traditionellen langen Strümpfe durch kniehohe Lederstiefel ersetzten und die Maske mit schwarzem Leder überzogen. Ebenso fertigten wir schwarze Handschuhe anstatt der traditionell weißen an. An den Stiefeln brachten wir Schienbein-Schoner an, um die Dimension optisch zu vergrößern. Es war, als ob Michael Verkleiden spielen würde und er war wie in einem Rausch. Auch die weiblichen Fans wurden bei diesem Teil verrückt, denn es lies viel Raum für Fantasie.
„Ich möchte das auf der Tour tragen“, sagte Michael nach dem Shooting. Wir mussten also herausfinden, wie dieses Outfit für den Einsatz auf der Dangerous Tour umgesetzt werden konnte: es musste wasserfest sein, leicht zu reinigen und dehnbar. Und vor allem musste es leicht genug sein , um über anderen Kleidungsstücken getragen werden zu können, um einen schnellen Kostümwechsel während der Show zu gewährleisten, und dabei trotzdem auf der Bühne solide wirken – metallisch und schwer. Wir stellten das Outfit aus dehnbarem Spandex her, in verschiedenen leuchtenden Farben - golden, rot, silbern , orange, Limonen-grün und pink – und fotografierten diese, um festzustellen, was am besten funktionieren würde. Gold war der Gewinner. Fechten ist ein britischer, aristokratischer Sport, so wie Polo, ein Sport der Könige. Europäer erkannten dieses Outfit sofort als Fechtanzug, aber wenn man die Fan Reaktionen betrachtet, nachdem Michael diese Uniform bei der Eröffnungs-Nummer seiner Dangerous Tour trug, war den Amerikanern nicht klar, was dieses Teil beeinflusst hatte. Die Amerikaner regten sich über den „Schwanz“ auf, das verstellbare Band auf der Rückseite von Michaels Fechtanzug. Fechtanzüge werden hinten auf Höhe des Steißbeins zugeschnallt, je enger man das Band anzieht, desto länger war der Schwanz. Es „fiel auf“, oder es „sah wie ein Fehler aus“ und es war „verwirrend“. Aber nichts, was wir für Michael machten, war ein Fehler. Es entspricht genau der traditionellen Tragweise einer Fechtuniform. Es war sogar so, dass der „Schwanz“ für Michael der liebste Teil dieses Outfits war. Er bewegte sich wie verrückt, wenn er tanzte und wurde wie eine Verlängerung von ihm, aber vor allem war es das Detail, bei dem er sich gefragt hatte, ob irgendwer es bemerken würde. Und zu seinem Vergnügen wurde es bemerkt.
Der nächste „Handschuh“
Michael nahm von allem Notiz und das bezog auch die Welt des Sports mit ein, was ungewöhnlich war, weil er es eigentlich nicht mochte, bei Sportwettkämpfen zuzusehen. Mehrmals versuchten Leute Michael dazu zu bringen, ein Basketball Spiel anzusehen, aber Michael hielt das Ansehen von Sportveranstaltungen für Zeitverschwendung. Selbst zu spielen war etwas anderes, und er tat das manchmal mit seinen Brüdern auf dem Spielfeld auf seiner Ranch. Aber wenn es um das ging, was die Spieler trugen, war Michael sehr interessiert. Während den Aufnahmen für sein Dangerous Album, 1990, observierte Michael die Trikots, die von den Fängern beim Baseball getragen werden. So wie er es sah – wenn Baseball DER amerikanische Zeitvertreib schlechthin war, und jeder schon zu irgendeiner Zeit eine Baseball Kappe besessen hatte - warum musste die von Baseball beeinflusste Kleidung sich dann nur auf den Kopf beschränken? „Wer sagt denn, dass nur die Fänger Schienbein Schoner tragen dürfen? Warum kann das nicht jeder?“ fragte er. Und wir antworteten, in dem wir ihm ein paar Schienbein Schoner aus Metall anfertigten, die ihm den besonderen Reiz und das Gefühl von Rebellion vermittelten und zudem noch eine ähnliche Beschaffenheit aufwiesen, wie ein Ritterrüstung. Mit Hilfe unserer Freunde von Prop Masters in LA, stellten wir anhand eines Sets von gewöhnlichen Plastik Schonern Formen her, und füllten sie mit Kupfer. Wir wählten dieses Material, weil Silber- Gold- und Chrome-Beschichtungen gut auf Kupfer haften. Typische Beinschoner aus Plastik sind flach und werden mit Hilfe von fünf Laschen hinten am Bein befestigt. Unsere Formen waren jedoch nicht flach. Wir hatten sie mit Einbuchtungen und Auswölbungen, Erhöhungen und Kurven versehen, alles, um mehr Tiefenwirkung zu erzielen und um das Licht auf der Bühne besser einzufangen. Die Formen mussten auch an Michaels Körper angepasst werden. Die Schützer der Major League, nach denen wir unsere Formen herstellten, werden normalerweise von 190 Pfund schweren Männern getragen, aber Michael wog nur 120 Pfund, was bedeutete, dass sie für seinen Körperbau skaliert werden mussten, oder sie würden auftragen, etwas , was Michael mit allen Mitteln vermeiden wollte, um seine Tänzer-Shiluette auf der Bühne beizubehalten. Am Ende unserer Produktion befestigten wir an den Schonern noch neun bis zwölf Befestigungslaschen, obwohl eigentlich nur drei notwendig gewesen wären. Er trug sie zu jeder Gelegenheit, und sie wurden so bezeichnend für ihn, wie der Billie Jean Handschuh. In dem Sinne wurden die Schienbein Schoner die „nächsten Handschuhe“.
maja5809
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Thema: Re: The King of Style Sa 9 Feb 2013 - 20:31
Einen Pharao finden
Eines Tages im Jahr 1992, als ich meinem ganz normalen Geschäft nachging, raus zu Michaels Ranch zu fahren um Michaels Schlafanzüge abzuholen und abzugeben, die er immer mit seinem Logo versehen haben wollte, und ich gerade wieder gehen wollte, fragte mich Michael: „Ist Ägyptischer Schmuck nicht wunderschön?“ Er gab mir dann ein Kunstbuch in Museeums-Qualität, über Ägyptische Kultur, was er zufällig in seiner Bücherei hatte. Michael deutete auf ein paar der markierten Seiten und sagte: „Der Grund dafür, dass die Fotos von dem ägyptischen Schmuck so gut sind ist, weil er aus echtem Gold ist, oder?“ Auch wenn ich zustimmend nickte, wusste ich eigentlich weder viel über ägyptische Kultur noch über Schmuck, und ich sah die Seiten, auf die er sich bezog auch nur für wenige Sekunden. Ich war wohl abgelenkt, denn ich ließ das Buch da und suchte ein paar Kleider von Michael zusammen, die etwas Pflege brauchten und fuhr nachhause. Ein Monat ging vorüber und ich wieder zum Abliefern und Einsammeln dorthin fuhr, erzählte Michael mir, dass er gerade seinen nächsten Kurzfilm entwickele: Thema Ägypten. Ich griff mir im Stillen an die Stirn, und fragte mich, warum ich den Wink, den er mir den Monat zuvor gab, nicht verstanden hatte und alles über Ägypten studiert hatte, für das, was später einmal sein Remember The Time Kurzfilm werden sollte. Ich fuhr nachhause und erzählte Dennis, „das Nächste“ sei, Michael in einen Ägypter zu verwandeln und dass wir einen Monat Zeit hätten, für Recherche, Design, Herstellung und das Ausschmücken. Um nach Ägypten zu reisen war die Zeit zu knapp, deshalb begannen wir sofort mit unserem üblichen Recherche-Methoden: Bücher, Museen-Besuche, Filme und Interviews mit Experten. Wie immer - als Impulsgeber für den Prozess - rief Michael an und fragte, ob wir wüssten, wie Yul Brunner im Film The Ten Commandments (Die Zehn Gebote) aussah. „Ich werde euch ein Band schicken.“ Wir spielten es ab und hielten unsere Augen in jeder Szene auf Yul gerichtet. Es gab Dutzende verschiedene Looks – welchen meinte Michael? Wir drückten auf Pause, ließen das Band zurücklaufen und überlegten, was Michael wohl dazu inspiriert haben könnte, uns diesen Film zu schicken. Und dann sahen wir es: Yul Brunner als Pharao Ramses II, in seiner von Sklaven getragenen Sänfte und mit dem bekleidet, was – wie wir später lernten – „Gorgerine“ heißt, eine Konstruktion aus Metallscheiben, vor der Brust getragen. Das war ganz und gar typisch Michael, und wir wussten, dass er genau das in seinem Kurzfilm tragen wollte. Nach dem Vorbild von Yul Brunners Gorgerine, konstruierten wir eine für Michael, ganz mit 18 Karätigem Gold bedeckt. In der Goldauflage saßen rote Kunststeine, die gesamte Gorgerine war jedoch aus Blechstücken gefertigt, um sie leicht zu machen. Wir dehnten die Linien der Gorgerine aus, damit Michaels Brust breiter wirkte, und benutzten verschieden geformte, sich überlappende Teile, um einen Eindruck von Federn zu erzielen. Er war begeistert, als wir sie ihm zeigten und rief: „Ich kann nicht glauben, dass ich das tragen werde!“
Bei unserer Recherche hatten wir gelernt, dass wegen der großen Hitze in der ägyptischen Wüste, Männer und Frauen am Oberkörper nur wenig Kleidung trugen. In dem Kurzfilm Remember TheTime sind die Tänzer und Schauspieler (darunter Eddie Murphy) nur knapp bekleidet, aber wegen Michaels Hautkrankheit mussten wir ihn bedeckter halten. Der Regisseur des Films, John Singleton, wollte, dass Michael etwas Ähnliches trage wie die restliche Besetzung, auch wenn sein Outfit noch detaillierter sein würde. John wusste, dass wir für Michaels Ausstattung zuständig waren, während die restlichen Kostüme von anderen gestaltet wurden, und sagte uns, dass er Michael in vollständiger ägyptischer Aufmachung sehen wolle, inklusive eines traditionellen ägyptischen Kopfschmucks in Anlehnung an König Tut, wozu Michael nur sagte: „Vergiss es, Bush!“ Wir machten es trotzdem, aber am ersten Drehtag wurde der Kopfschmuck vermisst. Ein ganzer Schwarm Leute streifte über das Gelände der Universal Studios, während ich panisch Dennis anrief, der zuhause die Einfahrt absuchte, weil ich dachte, dass ich das Stück vielleicht dort, am Weg zum Set, verloren hätte. Nach 20 Minuten mussten wir aber schließlich mit den Dreharbeiten beginnen, und taten es ohne die Kopfbedeckung. Als die Szenen im Kasten waren traf ich Michael in seinem Trailer um ihn umzuziehen und sah den Kopfschmuck auf einem Stuhl neben seinem Bett liegen. „Was wir nicht haben, kann ich nicht anziehen“, hatte Michael sich wohl gedacht, und ihn versteckt.
Während dem Dreh seines Kurzfilms hatte Michael sich auf Gold fixiert, weil er entschieden hatte, dass Blech billig aussieht und auch leicht anlief. „Wenn es echt aussehen soll, muss es echt sein“, erklärte er. Ägypter trugen echtes Gold, und dieser Umstand setzte den Prozess in Gang, Elemente mit 18 Karätiger Goldauflage auf Michaels Kleidung an zu bringen. Von da an war es so, dass du, wenn eine Verzierung wie Gold aussah, sicher sein konntest, dass es auch Gold war. Seine Polizeiabzeichen und andere Orden waren nicht länger aus Blech, oder bemaltem Plastik. Stattdessen stellten wir sie aus Kupfer mit Echtgoldauflage her und man kann sich die zusätzlichen Materialkosten vorstellen. Wir erhielten regelmäßig Anrufe von Leuten, die versuchten Michaels „goldene“ Ideen in Grenzen zu halten, aber wir mussten zugeben, sie wurden zu einem effektiven und magischen Hingucker. Und all das half dabei, zu Michaels Überlebensgroßem Image beizutragen – wenn wir optische Vergrößerungen wollten, einen Tanzschritt besonders hervorheben wollten, oder von einem fehlenden ablenken wollten: Gold wurde zu einer wichtigen Sache bei unseren Kostümen. Nehmen wir zum Beispiel die HIStory Tour, die 1996 in Prag begann. Michael lief mehr [als er tanzte] – wer würde das nicht tun, nach zweieinhalb Stunden Singen, Tanzen und Magie? Die Idee war, die Illusion zu schaffen, dass Michael jedoch immerzu tanzte, in dem die Aufmerksamkeit des Publikums auf seine Beine gelenkt wurde. Das hört sich etwas widersprüchlich an, weil man denken würde, um von den Beinen abzulenken, sollte man eher im oberen Körperbereich etwas Auffälliges platzieren. Aber in der Art, wie Michael über die Bühne stolzierte, manipulierten mit 18 Karätigem Gold belegte Schützer das Licht so, dass die Illusion entstand, als ob die „Tanzmaschine“ niemals stoppte. Ein unerwarteter Vorteil der goldenen Schienbein Schützer war zudem, dass sie sehr futuristisch aussahen, was sich gut in das Thema der HIStory Tour einfügte und es funktionierte sehr gut, als Abschlusselement der Zeitreise, die Michael in der Show mit einem Chrom-Outfit begann, in dem er in einer Kapsel durch Raum und Zeit reiste. Es war einfach eine Modernisierung der Schützer, die Michael während des Dangerous Albums eingeführt hatte, aber es veränderte seinen vertrauten Look vortrefflich.
Vom Außergewöhnlichen zum Außerirdischen
Das Kostüm, über das am meisten geredet wurde und von dem die Fans weltweit am meisten schwärmten, war das Chrom-Outfit, was Michael zur Eröffnung seiner Konzerte der HIStory Tour trug. Das Konzert begann mit einem Kurzfilm, in dem Michael gezeigt wurde, wie er in einer Raumkapsel durch Raum und Zeit reiste, über Darstellungen der 7 Weltwunder und wichtiger historischer Ereignisse hinwegfegt um schließlich im Jahr 1996 zu landen, wo Michael zum Sound seiner kreischenden Fans aus seiner Zeitmaschine aussteigt. Michael wollte futuristisch aussehen, war aber gegen Astronautenanzüge und Helme, weil diese zu sehr auftragen würden und nicht in der Lage wären, seinen Körper oder eine Choreografie richtig zu betonen. Inspiriert vom „Dancing Machine“- Video der Jackson 5 aus dem Jahr 1973, in dem ein aufreizender weiblicher Roboter als Tanz- Maschine gezeigt wurde, sagte Michael: „Ich möchte ein geschmeidiges Stück aus Chrom, von Kopf bis Fuß, in dem ich tanzen kann.“ Die Idee bekam sofort Gegenwind von anderen, die ihre Bedenken zum Ausdruck brachten, dass Michael nicht in einem Anzug tanzen könne, der aus Metall hergestellt sei. Das war zu gefährlich. Sogar Dennis und ich sagten ihm, ein Anzug, vollständig aus Chrom, sei zu starr und könnte ihn verletzten. Aber Michael war davon überzeugt, dass es funktionieren würde, wenn er etwas genau Maßgefertigtes tragen würde. Also begannen wir nachzudenken. Es muss noch eine andere Möglichkeit geben. Warum muss es überhaupt aus Metall sein? Michaels Neigung dazu, Nein nicht als Antwort zu akzeptieren war auch zu unserer geworden. Zur Inspiration gab uns Michael eine Auswahl von Büchern des Japanischen Künstlers Sorayama, der eine organische Roboter Version kreiert hat, aus der schließlich der berühmte Hund „AIBO“ und wurde, der heute Teil der Sammlung des Museums of Modern Art und des Smithsonian Institute of Technology ist. Sorayama machte in den späten 1970ern auf sich aufmerksam durch die Gestaltung verschiedener weiblicher Roboterwesen, die anatomisch korrekt waren aber aussahen als seine sie mit geschmolzenem Silber überzogen. Um sie zu beschreiben, wurde der Ausdruck „sexy robot“ geprägt. Dennis und ich wussten, wenn wir erreichen würden, dass Michael aussähe, als hätte er eine zweite Haut aus Metall, in der Art wie Sorayama es mit den “sexy robots“ getan hatte, hätten wir nicht nur „das Nächste“ erreicht, sondern wären darüber hinausgegangen. Wir fanden ein folienbeschichtetes, in zwei Richtungen dehnbares Spandex, was auf Michaels Maße zugeschnitten und auf seinen Körper angepasst wurde. Das Material war so dünn wie ein Tissue, wog nichts, und duplizierte ein mit Spuke poliertes Chrome. Im Scheinwerferlicht sah Michael aus, als sei er mit Chrome und Silber bemalt, genau wie ein Sorayama Roboter.
Das Chrome-Outfit
Von all unseren Tour Kostümen mussten wir von dem Chrome-Outfit die meisten Duplikate anfertigen, weil die Folie auf dem Stoff schon nach kurzer Zeit zerriss, den Glanz verlor und das blaue Spandex darunter durchscheinen lies. Aus Angst, uns könnte das Material ausgehen oder es würde nicht mehr hergestellt, kauften wir alles auf, was wir bekommen konnten – etwa 100 Meter. Wir mussten sicher gehen, dass das Material für die gesamte Tour reichen würde, und eventuell sogar auch für Michaels ganze Karriere. Würde das Chrome Outfit ein so bezeichnendes Teil werden, wie die Thriller oder Beat It Jacke, mussten wir sicher sein, auch für eine Tour in zehn Jahren noch genügend Material zu haben; ich hätte sonst kein Auge mehr zu bekommen. Wir wollten das Outfit damit vervollständigen, indem wir noch eine harte Außenhülle erschufen. Geplant war ein Brustpanzer, der ihm so passgenau wäre, dass man nicht einmal denken würde, dass er aus Plastik sei. Wir wählten dazu einen metallischen, vakuumgeformten Kunststoff und sägten ihn anhand einer Form nach Michaels Maßen aus. Danach schliff und polierte Dennis es und lies es mit Chrome beschichten. Zuvor probierte Michael die Weiße Plastikversion an und tanzte darin seine aggressivsten Moves und seine höchsten Kicks, damit ich sehen konnte, wo man etwas Material hinzu geben oder wegnehmen musste. Wenn Michael wieder still stand, markierte ich das weiße Plastik mit einem schwarzen Marker und gab Instruktionen für Dennis darauf an, damit er die Form verändern konnte. Auch wenn er ein langweiliges weißes Plastikteil trug, glänzten Michaels Augen schon in Erwartung dessen, was das Endergebnis sein würde. Dann fragte er plötzlich: “Bush, wann darf ich mal?“ „Was dürfen?“ Ich markierte gerade eine Linie in Höhe des Zwickels. „Wann darf ich auf dich malen?“ Michael nahm mir den Marker aus der Hand und schüttelte ihn, als wäre es eine Spraydose. Als wir also fertig waren mit der Anprobe, tauschten wir die Plätze. Ich stand mit ausgestreckten Armen da und Michael nutzte seine Gelegenheit mit dem Marker selbst das Plastik zu bemalen. Er hatte riesigen Spaß daran, mich zu imitieren und auf einer Oberfläche zu zeichnen, auf der er noch nie vorher gezeichnet hatte. Auch in etwas so banalem, wie eine Anprobe, fand Michael Staunen und Spaß Einen Brustpanzer für Michael anzufertigen war für uns nicht die eigentliche Herausforderung. Das wirkliche Problem war, ihn so zu machen, dass Michael ihn ganz leicht abnehmen könnte. Für die Eröffnung der Show platzt Michael in die Szene, bekleidet mit einem Helm und dem Brustpanzer, aber nach etwa 30 Sekunden müsste er beides selbst ausziehen können. Wir mussten die Teile so gestalten, dass Michael sie ausziehen könnte, ohne damit zu kämpfen, deshalb konstruierten wie es so, dass sie mit einem Ruck nach vorne abzuziehen wäre. Innen an dem Brustpanzer war ein Haken, um ihn an einen Gürtel zu befestigen, der um Michaels Taille ging und an der linken Seite mit einem Klettverschluss zu schließen war. Zuviel Klettband hätte es für Michael schwierig gemacht, den Panzer mit einem Ruck abzuziehen, zu wenig davon, hätte nicht lange genug gehalten. Das Klettband war genauso bemessen, dass der Panzer schon abfallen würde, wenn Michael nur tief einatmete. Michael musste also sehr vorsichtig mit seinem Kostüm umgehen, damit die Magie wirken könnte. Hatte Michael den Brustpanzer abgerissen, schmiss er ihn von der Bühne zu mir oder einer Stagehand. Es stresste mich jedes Mal. Wenn er ihn nicht richtig warf (was möglich war) und ich ihn nicht fing (was noch eher möglich war) würde die Chromebeschichtung auf den Boden knallen. Aus dem Grund hatte Dennis davon drei Kopien angefertigt. Wir hatten auch drei Kopien von Michaels Helm, denn das war das erste Teil, was von der Bühne flog, und es bestand das Risiko, dass etwas abplatzte. Der Helm besteht eigentlich aus sieben mit Chrome überzogenen Teilen: eins für jede Hälfte der Vorder- und Rückseite, dem Visier über den Augen und den Stücken über den Ohren, damit das Visier beweglich war. Wir benutzten einen von Michaels Kopfformen, die noch aus Thriller-Tagen übrig war, um die Größe des mit Vakuum geformten Kunststoffs festzulegen und Dennis formte danach das Design aus. Der Kopf sollte futuristisch, sexy und schnittig aussehen, aber sein erster Prototyp sah nicht menschlich aus, weshalb er ihm noch Lippen formte. Wenn man das Visier schloss, sah es nicht mehr nach einem Ball aus sondern als ob ein Mensch darunter wäre. Der Helm war so eng, dass man einen Schuhlöffel brauchte, um ihn vor der Show auf Michaels Kopf zu bringen er sollte so dicht wie möglich an seinem Gesicht sitzen, um den Look zu erreichen, den er haben wollte: „Ich möchte nicht wie ein Mann im Raumfahreranzug aussehen. Ich möchte aussehen wie eine Menschengestallt aus Chrome.“ Damit Michael ihn wieder problemlos abziehen konnte, schnitt Dennis die Rückseite höher als der Nacken, so dass er eher wie eine Maske saß wie ein Helm, was es ihm möglich machte ihn vom Kinn über den Kopf ab zu ziehen, ohne dass sich er am Schädel verkanten würde. Michael wusste genau, wie weit er den Kopf nach rechts oder links drehen durfte, wenn sein Publikum ihm zujubelte, ohne seinen Trick preiszugeben.
Eines der kniffeligsten Probleme war den Chrome Helm so auszuformen, dass Michaels Headset darunter passen würde. Und weil jeder Veranstaltungsort anders war, waren auch die zur Verfügung stehenden Headsets unterschiedlich. Wir mussten als bei der Konstruktion vom „Worst Case“ ausgehen. Wir suchten das unförmigste, komplizierteste Headset heraus, platzierten es am Kopf des Dummies, und schnitten danach die Form aus. Für die Herstellung des ganzen Anzugs, inklusive Arm und Bein-Schonern und Helm, hatten wir etwa einen Monat Zeit, und testeten schließlich den Prototyp in Bukarest (1996). Wir hatten es mit hartem Plastik zu tun, deshalb war es unerlässlich zusehen, ob Form und Funktion auch vor einem Live-Publikum funktionieren würden. Zum Glück lagen wir schon beim ersten Versuch richtig. Ich rief Dennis zuhause in LA an, um ihm die gute Nachricht mitzuteilen und ihm grünes Licht zu geben, von jedem Teil drei Kopien herzustellen.
Was keiner über das Chrome-Outfit weiß, genauer gesagt über den Brustpanzer, ist, dass wir auf der rechten Seite in Höhe des Schritts ein Loch von etwa 1 cm Durchmesser hineingebohrt haben. Michaels Absicht war es, einen Schlauch von seiner Raumkapsel in seinen Schritt zu führen und mit Hilfe eines integrierten Ventils das Publikum mit Rauch zu besprühen. „Die Fans werden das lieben“, sagte Michael aufgeregt, als er in Bukarest während der Tour auf diese Idee kam, „und so etwas hat vorher noch niemand gemacht.“ Ja tatsächlich, ich frage mich nur, warum. So seltsam es sich auch anhörte, war es doch typisch Michael. Ich freundete mich damit an, dass es geschehen würde, und es wäre auch passiert, wenn der Pyrotechniker nicht Bedenken gehabt hätte. Aber auch wenn diese Idee nicht verwirklicht wurde, war es kein Grund für Michael, nicht weitere verrückte Ideen mit uns zu teilen. Und wir sind sehr froh darüber, denn weil es Michaels Drang war, die Grenzen zu verschieben wurden Dennis und ich immer dazu aufgefordert, nach „dem Nächsten“ zu suchen.